Ordnung und Chaos in trauter Einigkeit: Schneeflocke intern.
„Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten“
USA: Der Widerstand bröckelt
Die New York Times berichtet von einem Meinungswechsel in vielen Ländern in den USA in bezug auf Wahlcomputer. Das Konfusions- und Betrugspotential des beleglosen Wählens scheint zunehmen erkannt zu werden: Changes Are Expected in Voting by 2008 Election
Es gibt mir immer so ein ganz besonderes Gefühl, wenn in den USA bereits wieder die Vernunft einzukehren scheint, während man sich hierzulande noch im Imitieren der ursprünglichen Verfehlung übt.
Ablehnung der Bundestags-Wahlbeschwerde lässt gruseln
Ulrich Wiesner dokumentiert auf seinen Webseiten die nun offiziell veröffentlichte Begründung für die Ablehnung der Wahlbeschwerde wegen des Einsatzes von Wahlcomputern. Während der Innenminister derzeit öffentlich argumentiert, dass die Computerinfrastruktur allerorten von Terroristen bedroht ist, meint der Bundestag in Berufung auf eine Beurteilung eben jenes Innenministeriums, man solle einfach vertrauen, dass die Wahlcomputer nach oberflächlicher Begutachtung durch inkompetentes Personal schon richtig funktionieren. Ulrich Wiesner zitiert aus der Begründung:
Es existiere „keine rechtliche Beschränkung der Öffentlichkeit der Wahl mit Wahlgeräten“, weil der öffentliche Zugang zum Wahlraum gewährleistet sei und die Wahlhandlung sowie die Stimmauszählung auch bei der Wahl mit Wahlgeräten öffentlich stattfinde (S.19). „Im Spannungsfeld des Prinzips der geheimen Wahl und des Öffentlichkeitsgrundsatzes“ sei es „hinnehmbar, dass beim Einsatz rechnergesteuerter Wahlgeräte nicht jeder Teilakt des Stimmenregistrierungsverfahrens für Jedermann transparent ist“. Es gehöre „zu den Besonderheiten der fortschreitenden Technisierung, dass von der Funktionsfähigkeit der eingesetzten Systeme ausgegangen wird, wenn sie vor ihrem Einsatz in einem speziellen Verfahren geprüft worden“ seien. (S.20)
Die Hervorhebungen sind von mir.
Mit anderen Worten: der Bundestag empfiehlt den Bundesbürgern unhinterfragt einfach die Scheisse zu fressen, die ihnen die Behörden vorsetzen. Man soll einfach glauben, dass alles prima ist. Das Überprüfen der Mächtigen steht nur den Mächtigen zu. Na prima. Für wie doof halten die uns eigentlich?
Mein lieber Bundestag: so einfach kommt ihr uns nicht weg. Wir haben keinen Bock, uns von Maschinen beherrschen zu lassen. Kann ja sein, dass wir zu viel Terminator gesehen haben. Wenn ich mir aber anschaue, wie andere Staaten Hollywood-Horrorszenarien unschuldig pfeifend in die Realität umsetzen möchten, halte ich meine Empörung und Beunruhigung über ein solches Verhalten nicht zurück. Wenn ihr glaubt, dass ihr uns die Scheisse so einfach vor den Latz knallen könnt, empfehle ich schon mal die Anschaffung neuer Winterkleidung.
Dieses Blabla mit „wir können es uns nicht vorstellen“ und „nach heutigem Stand der Technik ist alles prima“ und was nicht alles: steckt es Euch irgendwohin, aber haltet bitte den Rand. Als ob einer von Euch Fatzkes vor fünfzehn Jahren in der Lage gewesen wäre, „E-Mail“ richtig zu schreiben oder auch nur im Ansatz seine Bedeutung richtig einzuschätzen. Technik ändert sich, und sie ändert sich permanent. Präsentiert mir einen anerkannten Security Experten da draussen, der bereit wäre auf ein elektronisches System seiner Wahl zu zeigen und zu bestätigen, dass eine unvorhergesehene Manipulation dieses Systems unmöglich sei, und ich halte das Maul. Aber ihr werdet keinen finden, weil keiner so blöd ist, seine Reputation aufs Spiel zu setzen.
Allein dieser Kasperkram, die Wahl hätte ja nicht manipuliert werden können, weil der öffentliche Hack ja erst ein Jahr später stattfand! Ich ringe nach Luft: wer denkt sich bitte so einen Schwachsinn aus? Werden Leute, die solche Beurteilungen abgeben bezahlt?
Schon mal auf die Idee gekommen, dass sich jemand schon vor Jahren (die Geräte werden seit 1999 eingesetzt) einen der NEDAP-Programmierer geschnappt, ihn umfangreicht bekokst, benuttet und begeldet hat und die Backdoor schon lange im Code liegt? Ach, das könnt ihr ausschliessen? Und wie bitte schliesst ihr das aus? Weil ihr dann schon was gemerkt hättet vielleicht oder Euch das nicht vorstellen könnt? Ich bitte Euch, das kann ja wohl unmöglich der Maßstab sein. Vielleicht bin ich ja auch nur paranoid. Aber ihr wisst ja: nur weil ich paranoid bin heißt das noch lange nicht, dass Ihr nicht hinter mir her seid. Und es Eure verdammte Pflicht, meine Zweifel auszuräumen.
Es gibt aber noch weitere Highlights in Ulrichs Ausführungen. Ich bitte ums Lesen und die Unterstützung seiner nun anstehenden Verfassungsklage. Wir werden ja sehen, ob das Verfassungsgericht auch der Meinung ist, dass das mit der Öffentlichkeit der Wahl so ein Detail auf Verordnungsebene ist oder ob es sich hier nicht doch zufällig um die Grundlage unseres demokratischen Systems handelt.
Zahlenmystik revisited
Jim Carrey ist Hauptdarsteller in einer Verfilmung der Zahl für Leute, für die ihre Paranoia noch nie ein Beweis war, dass niemand hinter ihnen her ist: The Number 23.
Sieht für mich aus wie ein Potpourri aus Pi, Dreiundzwanzig und gemeinem Hollywood-Thriller-Unsinn. Mal sehen, was dabei rauskommt. Man weiss ja nie, was dahintersteckt :)
23C3 Blogging
As some have noticed, the CCC Events Blog has finally taken up steam to cover the upcoming 23rd Chaos Communication Congress in more detail. Expect the the amount of blog postings to rise significantly in the coming days and weeks.
If you are going to cover 23C3 as well in you blog, please use the „23c3“ tag to annotate your posting so that others have a chance to find you. Overall intensity has been slightly going up in the last month but I am sure this is not all there is to it.
You might also want to put your blog in the list of blogs covering the event in our 23C3 Public Wiki system (which is also the official web site this year).
Wiihnsinn
Heute das erste Mal mit einer Wii rumgespielt (und zwar in der Wii Crib Berlin) und war prompt begeistert. Das erte Videospiel, das Muskelkater garantiert. Noch toller: Mit DarwiinRemote gibt es sogar eine Software, mit der man die großartige Wiimote auch auf dem Mac benutzen kann.
Update: Hab‘ mir jetzt so ne Wii geshoppt. Ein wirklich großartiges Stück Elektronik. Kein Wunder, dass Nintendo die Firma ist, die Steve Jobs nennt, wenn man ihn nach einem Unternehmen fragt, dass sich mit Apple messen könnte (leider grad keine Quelle zur Hand, aber ich erinnere mich noch recht gut an das Statement).
Rundgang durchs Fritz-Studio
Johnny hat für die Hörer der Trackback-Sendung ein kleines Video vom Fritz-Studio gedreht und online gestellt. Da es das selbe Studio ist, was auch bei Chaosradio zum Einsatz kommt, könnte es ggf. auch die Chaosradio-Hörer interessieren.
Die Wahlcomputer-Lobby schlägt zurück
Der Vorschlag der NIST, Direktwahlcomputer in den USA komplett abzuschaffen und durch eine Papierlösung zu ersetzen, weil das gesamte System die Demokratie gefährde, wurde nun vom „Technical Guidelines Development Committee“ des US-Congresses schlichtweg abgelehnt. Und das, obwohl das Votum der NIST sehr deutlich ausfiel: Ron Rivest, weltbekannter Kryyptograph Miterfinder des RSA-Kryptosystems, und Mitglied NIST-Gruppe fasste die Grundbeurteilung der NIST einfach zusammen:
Rivest told committee members that software errors in paperless machines could go undetected, leading to a situation in which „an election result is wrong and you have no evidence to show that it’s wrong.“
Doch die Antwort des TGDC war schlicht: „You are talking about basically a reinstallation of the entire voting system hardware“. Und das ginge ja nicht. OMFG!
Aber ja, liebe TGDCm, genau darum geht es. Aber das scheint den Verantwortlichen schlicht zu teuer. In schlichten Worten zusammengefasst: kann ja sein, dass alles scheisse ist, aber jetzt haben wir den Blödsinn schon eingeführt, da können wir es doch unmöglich zurücknehmen. Au weia. Man ahnt, warum die USA sich auch im Irak so festgefahren haben. Das SNAFU-Prinzip lässt grüßen.
Update: Es gab wohl ne Menge Gegenwind und nun wurde der Vorschlag der NIST trotzdem angenommen, allerdings mit einem faulen Kompromiss, der den existierenden Geräten Bestandsschutz gibt. Hier ist das letzte Wort wohl noch nicht gesprochen. Immerhin, die Diskussion tobt.
Nun, daran kann man schön sehen, warum es gerade JETZT so wichtig ist, gegen die Wahlcomputer-Infrastruktur und ihre Verfechter in Deutschland vorzugehen. Sind die Maschinen erst mal überall installiert, wird auch die Einsicht, dass man einen Fehler gemacht hat, sich nicht mehr durchsetzen, weil niemand bereit ist, die politischen und finanziellen Konsequenzen des Scheiterns zu tragen. Und dann haben wir den Salat.
Insofern muss ich leider auch die Wolfgangs vom CC2-Podcast schwer enttäuschen, die sich gegen Ende der 20. Ausgabe ihres wöchentlichen Computerstammtischs wieder über den „aggressiven und verbohrten“ Widerstand gegen Wahlcomputer beschweren und jammern, dass doch so viele „ehrenhafte und honorige Leute“ an diesen Systemen arbeiten würden, die „nicht betrügen“ wollen, sondern nur Gutes im Sinn hätten. Ach wisst ihr: das glaube ich denen sogar, allerdings halte ich sie in den Zusammenhang allesamt für inkompetent und hochgradig naiv. Wären sie das nämlich nicht, würden sie einsehen, dass sie mit ihren Systemen das ideale Einfallstor für koordinierten und nicht nachweisbaren Wahlbetrug in unserem Lande installieren und das ist zumindest grob fahrlässig (wenn nicht gar grob böswillig).
Und Wolfgang und Wolfgang muss ich leider diese grobe Fahrlässigkeit jetzt auch unterstellen: ihr stellt Euch der Diskussion nicht, lasst die Kernargumente der Diskussion vollständig aussen vor (oder habt sie noch nicht verstanden) und tragt mit Eurem dummen Geschwätz („Es ist ’ne gute Sache und es wird sowieso kommen“) dazu bei, eine derzeit noch unkritische und unaufgeklärte Masse in ihrer Unkenntnis zu belassen. Und regt Euch jetzt bloss nicht auf: „grobe Fahrlässigkeit“ war jetzt schon eine wirklich sehr zurückhaltende Formulierung.
Nur einem Eurer Statements der letzten Episode kann ich mich voll und ganz anschliessen: „Lasst uns aufpassen, dass es sauber bleibt“. Da könnt ihr Gift drauf nehmen, dass wir das tun werden. Würde sich unsere Gesellschaft nur noch auf solche unreflektierten Sesselpupser wie Euch verlassen können, wären wir schon längst am Ende.
SZ zu Wahlcomputern
Die Petition und der Ulrich Wiesners Widerspruch gegen die Bundestagswahl zeigen Medienwirkung: die Süddeutsche fasst die Diskussion und Ereignisse in einem knappen Artikel zusammen: Einzelne Wahlcomputer sind manipulierbar – System der kollektiven Sicherheit.