Ich habe mir mal das Angebot der GEMA für private Podcaster angeschaut. Ich will da mal meinen Senf dazugeben.
Da heisst es: „Das Angebot im Lizenzshop gilt für alle Anbieter von Podcasts, …
- die mit ihren Podcasts keine Einnahmen erzielen oder mit ihrem Podcast nicht mehr als Euro 300,00 (netto) pro Monat einnehmen,
Hier wird es sicherlich schwierig: wer will das überprüfen und wie definiert sich eine Einnahme durch den Podcast? Gilt dies auch, wenn man einen Sponsor hat? Oder sind hier Abonnement-Systeme gemeint, die es derzeit ja kaum gibt. Unklar
- deren Podcasts im keinem Zusammenhang stehen mit einem Unternehmen oder einer anderen wirtschaftlichen Tätigkeit, die auf Dauer mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird,
Und wenn man nun als Podcaster selbständig ist? Gilt das auch als Unternehmen. Und ab wann steht man „im Zusammenhang“? Wenn man angestellt ist? Wenn man Geschäftsführer ist? Unklar
- die ihren Podcast auf einer, zwei oder drei URLs anbieten,
Hm. Also mein Podcast hat für jede Episode eine URL. Was mit dieser Regel ausgesagt werden soll ist mir völlig unklar. Geht es hier um Aliase für die Website? Und wenn ja, warum darf man nicht mehr als drei Domains haben? Was hat das mit dem Inhalt des Podcasts zu tun?
- deren Podcast nicht häufiger als täglich erscheint,
Damit kann man leben
- deren einzelne Episoden des Podcasts nicht länger als 30 Minuten sind,
Das halte ich ja schon mal für eine recht unangemessene Beschränkung. Was hat das mit der Musik zu tun? Wenn ich also eine Stunde labere und am Ende noch ein wenig GEMA-Mucke einspielen will, soll das nicht gehen? Warum gibt es hier nicht eine Beschränkung der Gesamtlänge der GEMA-Musik im Podcast. Das könnte ich ja noch nachvollziehen.
- die in jedes Musikwerk in ihrem Podcast in der Weise hineinmoderieren (sog. „talk over“) und die jeden Song in der Weise ein- und ausblenden, dass er nicht isoliert werden kann,
Oh ja super. Jetzt muss man sich auch noch vorschreiben lassen, wie man seinen Podcast machen soll: am besten im Stil eines x-beliebigen Provinz-Radiosenders. Leute, echt.
- die die Episoden ihres Podcasts nicht mit ID-Tags (Schnittmarken) versehen,
ID-Tags? Sind hier ID3-Tags gemeint? Und warum sollte man die nicht einsetzen? So geht es ja nicht: natürlich muss jeder Podcast möglichst viel Metadaten enthalten und keine Podcasting-Software schmeisst heute MP3 ohne Metadaten raus. Die Angst hier: wechselnde ID3-Tags wie sie in MP3-Streams auftauchen. Das sollte dann aber auch mal klar gesagt werden. Allerdings: was ist mit „Enhanced Podcasts“ mit Chapter Marks? Diese gibt es auch für MP3 und sind für den Hörer ein höchst wünschenswertes Gut. Hier will die GEMA aus Angst den Wert des Formats mindern. Unakzeptabel.
- die in ihrem Podcast Musikwerke zu maximal 50% ausspielen,
Naja. Spätestens jetzt wird die Sache zur Farce. Warum sollte man Musik nicht ausspielen dürfen? Dann kann ich es eigentlich auch gleich lassen.
- die in den Episoden ihres Podcasts nicht mehr Musik verwenden als zu 75% der Gesamtlänge der einzelnen Episode,
Au weia. Noch mehr Arithmetik. Allerdings eine Regel, mit der man fast leben könnte. Allerdings muss es hier: GEMA-Musik heißen und nicht „Musik“.
- deren Episoden sich nicht nur auf einen einzelnen Künstler beziehen, und die in der Bezeichnung des Podcasts und in den Bezeichnungen der einzelnen Episoden weder die Namen von Musikwerken noch von Interpreten nennen.
Was genau sind denn bitte „die Bezeichnungen“? Der Titel? Die Shownotes? Der Blogeintrag? Die Metadaten in der Datei? Und wenn schon: warum sollte man nicht die Musik auch in den Mittelpunkt stellen dürfen? Das ist doch alles bekloppt
Also, ich mache es kurz: das ist alles angstgeladene Scheiße und ist vollkommen unakzeptabel. Und so wird es auch kommen: nahezu niemand wird sich dieses Modells annehmen. Aber jetzt hat die GEMA ja ein Angebot und damit eine schöne Ausrede, auf Podcaster einzuschlagen, die mit diesem Mumpitz nix zu tun haben wollen.
Update: Pavel macht mich gerade noch auf die Preisgestaltung aufmerksam. Hier verlässt das Angebot der GEMA jegliche Verständlichkeit:
Angeboten werden Lizenzen mit Laufzeiten von einem Monat, zwei Monaten und drei Monaten. Diejenige Laufzeit ist für Sie die richtige, innerhalb derer Sie Ihren Podcast weder umbenennen wollen, noch von einer anderen URL aus erreichbar machen wollen, noch übertragen oder einstellen werden. Denn die Lizenz kann nicht gekündigt, die Vergütung nicht zurückerstattet werden.
Ich habe mir diesen Absatz jetzt ein paar mal durchgelesen. Verstanden habe ich ihn noch nicht. Aber schauen wir uns doch mal die Preistabelle an:
|
Laufzeit 1 Monat |
Laufzeit 2 Monate |
Laufzeit 3 Monate |
Intro/Outro, Euro 5,00 pro Monat |
— |
10 Euro |
15 Euro |
Intro/Outro + 5 Songs je Monat, Euro 10,00 pro Monat |
10 Euro |
20 Euro |
30 Euro |
Intro/Outro + 31 Songs je Monat, Euro 30,00 pro Monat |
30 Euro |
60 Euro |
90 Euro |
Jetzt wird es alles noch dunkler: wozu zahle ich eine Lizenz in Einer-, Zweier- oder Dreierpaketen? Ging es hier nicht schlicht um eine monatliche Gebühr? Bedeutet das, dass man nicht für das Erscheinen neuer Episoden pro Monat zahlt, sondern für die weiterführende Veröffentlichung des eigenen Podcasts?
Wenn die Vermutung stimmt würde das bedeuten: ich mache sechs Monate lang einen Podcast und veröffentliche – sagen wir mal – 10 Episoden pro Monat und spiele dabei insgesamt 5 GEMA-„Songs“. Dann zahle ich dafür 60 EUR. Und wenn ich nun meinen Podcast nicht weiterführe, aber weiter online halten möchte, muss ich auch in Zukunft weiter 10 EUR pro Monat zahlen? Damit würde man letztlich einen Podcast behandeln wie einen Stream. Völlig unakzeptabel.
Ich bin von dem Paragraphen-Deutsch noch komplett taub. Wenn das aber stimmt, dann können sie ihre Lizenz einfach wieder vom Netz nehmen, denn es wird sich einfach niemand finden, der das nutzt (außer vielleicht solchen Mainstream-Adaptionen wie Motor Music).