Flattr, zweiter Streich

Nun ist der zweite Monat abgelaufen, an dem ich meine kollektiven Projekte über Flattr-Buttons dem Mikrospenden öffne. Nachdem ich im Mai bereits beeindruckende 208,54 EUR eingenommen hatte, war ich gespannt, wie sich die Dynamik entwickeln würde.

Ich hatte verschiedene Erwartungen: mit Sicherheit würde die Zahl der aktiven Teilnehmer steigen, da der ganze Hype um Flattr sich in den letzten Wochen durch die ganzen Berichte wohl erst so recht entfaltet hat. Der wurde im Kern nur durch die zuletzt recht mager vergebenen Invite-Codes begrenzt. Zudem konnte man erwarten, dass manche Teilnehmer von einem recht konservativen Start mit 2 EUR Verteilsumme auf ein höheres Budget wechseln würden.  Wie es nun genau aussieht, kann ich nur raten.

Aber wenn die allgemeine Einnahmesituation da eine Aussage zulässt, dann könnte ich nicht so falsch liegen: Carta erhöht auf 201,22 EUR, das iPhoneblog verbucht 202,10 EUR, das lawblog bezieht 247,68 EUR, netzpolitik.org stellt 576,53 EUR an Einnahmen fest, Herr Niggemeier freut sich über unerwartete 352,89 EUR und die taz scheint in diesem Monat mit 988,50 EUR EUR den Vogel abgeschossen zu haben. Ich vermute, dass einige Blogs und Podcasts, die sich bisher noch nicht geäußert haben oder das auch nicht vorhaben zu tun ggf. auch nicht so schlecht gefahren sein werden.

Und ich? Auch wenn ich nicht vorhabe, meine Buchhaltung künftig komplett über dieses Blog laufen zu lassen, werde aber hier auch noch mal wiedergeben, was Flattr für mich im Juni 2010 eingebracht hat: insgesamt sind es stattliche 875,89 EUR gewesen, die die gesammelten Buttons eingespielt haben. Das ist immerhin eine Steigerung um mehr als das Vierfache.

Ein Großteil der Summe wurde durch das Flattrn (sagt man das so?) von einzelnen Podcast-Episoden bzw. dem Klicken der Buttons, die das jeweilige Projekt insgesamt repräsentieren, eingespielt. Nicht ohne Stolz stelle ich fest, dass sich Chaosradio Express immer noch an der Spitze der Flattr-Top5 befindet und damit natürlich auch für das Projekt als solches wirbt.

Der durchschnittliche Cost Per Click, der im letzten Monat für mich noch bei etwas mehr als 14 Cent lag, hat sich für mich auf überraschend hohe 29 Cent verdoppelt. Wohlgemerkt im Mittel: der Wert schwankt  je nach Button extrem zwischen 0,01 und 1,64 EUR pro Klick. Ich stelle dazu fest, dass dieser Durchschnittswert doch sehr individuell zu sein scheint, da die taz z.B. bei in etwa vergleichbaren Einnahmen nur auf 12 Cent kommt (im Monat zuvor 9 Cent). Das bedeutet wohl, dass Leute, die die taz klicken, entweder generell weniger Geld freigeben oder mehr Buttons anklicken, da kann man nur mutmaßen. Oder es bedeutet, dass zumindest einige meiner Spender recht wenig andere Empfänger an ihren Ausgaben beteiligt haben. Das weiß derzeit nur Flattr selbst.

Tja, was soll ich sagen? Das ist natürlich alles total toll und höchst erfreulich. Allein die Flattr-Einnahmen bisher decken z.B. alle Kosten rund um mein kleines Podcaststudio über die zwei Monate und tragen somit ganz erheblich dazu bei, dass ich mit meinen freien Angeboten so fortfahren kann – und vor allem will. Auch wenn ich weiterhin nebenbei Auftragsarbeiten durchführen möchte und muss, ist der durch Spenden geschaffene Freiraum in meinem Fall enorm. Ich verspüre da schon richtig Unterdruck, so dass ich quasi automatisch überlege, wie ich mehr Material produziert und unter die Leute verteilt bekomme. Ein sehr angenehmer Zustand für alle Beteiligten.

Mit Flattr allein ist das aber alles (noch) nicht zu reissen: ich freue mich besonders über die direkten Zuwendungen, die viele von Euch über die geradezu „traditionellen“ Spendenwege wie Überweisung oder PayPal-Zahlung mir zukommen lassen. Besonders großartig finde ich die Beiträge von denen, die gleich einen Dauerauftrag eingerichtet haben (egal in welcher Höhe), denn dies signalisiert neben der ohnehin hohen persönlichen Komponente einer direkten Überweisung auch noch das Vertrauen in meine zukünftigen Ergebnisse – während Flattr ja vor allem eine Belohnung für bereits geleistetes darstellt.

Trotzdem scheint Flattr meine Erwartungen zu erfüllen und es bleibt zu hoffen, dass noch mehr Inhalteanbieter auf den Zug springen und bei ihren Nutzern für Flattr werben. Ich verstehe die Enttäuschung einiger, bei denen die Umsätze sich nicht mit denen einiger bekannter Adressen vergleichen lassen, aber ich denke, das kommt  nicht überraschend. Für manche zahlt sich hier wohl auch endlich mal die kontinuierliche Arbeit über viele Jahre aus und es ist durchaus vorstellbar, dass sich hier zunächst auch noch die aufgestauten Danksagungen der letzten Jahre Bahn brechen und sich die Situation noch ein paar mal grundlegend verändert. Ich gehe also nicht davon aus, dass sich meine Einnahmen von Flattr in jedem Monat vervierfachen werden, das wäre sicherlich zu viel des Guten. Aber ich denke, wir werden in den nächsten Monaten noch von so einigen anderen hören, die für ihre gute Arbeit im Netz von der großen Zahl der Nutzer entsprechend angemessen vergütet werden.

Ich bleibe Optimist.

39 Gedanken zu „Flattr, zweiter Streich

  1. Schön zu hören. Weiter so!

    Auf weitere Stunden informeller und oftmals lustiger Unterhaltung.

    Grüße aus dem tiefen Süden Schlands.

  2. WOW, hätte ich nie mir gerechnet. Sehr gut zu wissen dass Deine ausgezeichnete Arbeit endlich in einer direkten Art und Weise Früchte trägt. Glückwunsch. Jetzt noch einmal vervierfachen bitte ;)

  3. Hallo Tim,

    glückwunsch! Da kommt für viele deutlich mehr rüber als zunächst gedacht.
    Grüße
    Nerdy

    BTW
    CPC ist für die Empfänger des Flattr-Geldes nicht die richtige KPI, sondern RPC (Revenue per Click). Der CPC der Geldgeber weicht durch die Flattr-Gebühren vom RPC der Geldempfänger ab.

  4. Ich war ja eher ein Fan der kachingle Idee, habe aber auch im Juni mal einen flattr Button eingebaut und damit fast genau so viel Geld verdient wie mit Kachingle. Wobei man auch sagen muss, dass beides bei mir weniger bringt als Adsense gebracht hat, bevor ich das geknickt habe.

  5. Pingback: flattr im Juni | Umgebungsgedanken

  6. Wow Tim das ist großartig!
    Ich habe mein Limit letzten Monat bereits angehoben und flattre auch nicht wie verrückt, sondern nur Inhalte die es auch verdient haben, so wie deine :)
    Freut mich umso mehr wenn ich dadurch zu mehr pritlovescher audioproduktion, zumindest indirekt beisteuern kann :)

  7. Danke für den tollen Einblick.
    Ich finde es toll das Flattr sich für die Content-Erzeuger lohnt und auch Leute die nicht die großen Summen für Spenden übrig haben auch mit Kleinstbeträgen Danke sagen können. Und in der Masse kommt dann doch auch ein schöner Betrag zusammen.

    Ich bleibe auch Optimist.

  8. Danke für die Infos…
    Was mir nur Sorgen macht ist, dass anscheinend selbst die Alphatruppe (Niggemeyer, Meyer-Lucht etc.) im zweiten Monat gerade einmal nennenswerte Beträge einfährt… Bis jetzt sieht mir das noch nach einem „netten Zubrot“ aus, aber mal schauen wie es weiter geht.
    Mein Optimismus hält sich leider in Grenzen, denn wenn Flattr die Zukunft des Micro-Pay-What-You-Want-If-You-Want-At-All auch für weniger bekannte Gesichter der Blogossphäre sein soll müssten Tim und Kollegen spätestens im Dezember hohe vierstellige Beträge bekommen… Die seien ihnen meinetwegen auch gegönnt ;-)

  9. Wow, das ermutigt sicherlich viele, ähnliche Podcast-Projekte jetzt zu starten! Super, wenn du jetzt mit weniger Sorgen weiterhin großartige Projekte führen kannst!

  10. Solange Flatter noch den aktuellen Beta-Status sollte man das Potential nicht unterschätzen. Mal ehrlich: Wer da draußen hat schon einen Account und flattert fleißig? Es sind doch im Vergleich zum gesamten Konsumentenkreis verschwindend wenige…

    Tolle Neuigkeiten und weiterhin viel Erfolg!

  11. Na, da zeigt sich wieder Mal, dass Qualität sich auszahlt und mit Durchhaltevermögen auch zu Erfolg führt.

    Dass es nur für die wirklich großen Blogs mehr als die Kiste Bier im Monat ist, halte ich auch für ok. Nicht jeder Blog ist es wert, mehrere hundert Euro pro Monat „einzunehmen“.

  12. Solche Summen hätte ich so früh nie erwartet. Die Befürchtung, dass es abklingen mag, hatte ich auch, doch ist sie theoretisch unbegründet. Das Geld, das jetzt verteilt wird, wird, denke ich, in Zukunft nicht abgezogen. Es ist einfach zu bequem, ein gutes Gewissen zu haben und gefühlt nichts dafür zu tun.

    Nicht überschätzen würde ich aber, dass es sich aktuell ja „nur“ um eine Beta handelt. Google Wave hat sich totgebetat bis es keiner mehr recht wollte.

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  15. Ich denke nur so „hä?“ und dann denke ich nur noch so: wow!
    Unglaublich, aber ich bin noch nie zuvor auf diesem Blog gelandet. Das wundert mich! Denn bei „Chaosradio Express“ habe ich schon vorbeigeguckt – aber auf dieser Seite noch nicht.
    „Herzlichen Glückwunsch“ wünsche ich zu diesem Erfolg an Einnahmen. So viel Geld verdiene ich momentan als Schüler noch nicht einmal in einem ganzen Jahr ^^

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