Derzeit zieht es durch den digitalen Blätterwald: die Eltern von Tron haben sich mit einer einstweiligen Verfügung an die Wikimedia Foundation in den USA gewendet, um die Nennung des Realnamens von Tron in dem entsprechenden Artikel rückgängig zu machen oder vielleicht auch für alle Zeiten unmöglich zu machen. Wie die sich das vorstellen ist mir ein Rätsel. Vielleicht fördert die Aktion auch gleich noch die Einführung automatischer Zensurmaschinen um die Hinzufügung bestimmter Informationen in allgemein zugängliche Informationssysteme zu unterbinden. Na dann gute Nacht.
In Anbetracht der Tatsache, dass der Realname schon zahlreich im Internet publiziert ist (und beleibe nicht nur in der Wikipedia) erscheint die Aktion recht sinnlos. Der entsprechende Wikipedia-Artikel wird sicherlich auch nie wirklich verschwinden können. Ob hier der (nachvollziehbare) Wunsch der Eltern auf weniger Aufmerksamkeit durchsetzbar ist erscheint mir mehr als fraglich. Mit solchen Aktionen erreicht man natürlich genau das Gegenteil. Aber vielleicht war das ja auch erwünscht.
Was mich beunruhigt ist, dass nun die Aktion auf den CCC bezogen wird, der daran aber nicht beteiligt war. So liest es sich bei Spiegel Online und dem unsäglichen Artikel von dem unsäglichen Burkhard Schröder in Telepolis, der auch auf seiner Seite nochmal nachlegt. Tatsächlich ist Andy eine treibende Kraft in dem Kontext, doch muss klar sein, dass er hier im Alleingang unterwegs ist.
Im CCC gehen die Meinungen auseinander. Mancher tendiert in der Diskussion mehr zum Schutzes der Privatsphäre, andere zur Unmöglichkeit der Kontrolle der Wikipedia. Ein Konsens wird sich da nicht so ohne weiteres finden lassen, was für solche Diskussionen im Club auch typisch ist. Ich sehe da auch kein Problem. Wichtig ist, dass die Diskussion erfolgt. Das hat sich auch schon bei anderen umstrittenen Themen gezeigt. Dieser Diskord ist an der Stelle für mich selbst immer wieder sehr aufschlussreich und gibt einem neue Sichtweisen, was wichtig ist. Hätte Andy versucht, für seine Vorgehensweise im Club im Vorfeld eine unterstützende Mehrheit zu finden, wäre er aber sicherlich gescheitert, da bin ich mir sicher.
Es muss allerdings klar sein, dass es hier kein „CCC vs. Wikipedia“ gibt! Ich verstehe mich selbst als Wikipedianer, auch wenn ich nicht an Treffen, Mailinglisten oder gar Vereinsfoobar teilnehme. Ich liebe das Projekt und werde es auch künftig unterstützen. Zum 21C3 haben wir das erste Entwicklertreffen der Wikipedia und ein Treffen der Wikimedia Foundation auf dem Congress gehabt und auch auf dem 22C3 war die Wikipedia-Community zu Gast. Henriette, die an meiner Seite seit Jahren den Congress mitorganisiert ist Autorin des ersten Wikipedia-Buches und Vorstandsmitglied im deutschen Förderverein. Dem CCC lässt sich nun wirklich keine Wikipedia-Feindlichkeit unterstellen.
Die Medien und Blogs sollten sich langsam mal an den Gedanken gewöhnen, dass der CCC aus mehr Leuten besteht als nur Andy Müller-Maguhn und dass nicht alles, was Andy sagt und tut dem CCC zugeschrieben werden kann.
Wer Lust hat, sich in die Materie ein wenig einzulesen sollte sich den Eintrag Der Geist von Tron im Weblog von Andreas Bogk durchlesen. Andreas ist mit den damaligen Vorgängen wohlvertraut gewesen und schreibt in der ihm eigenen klaren Art ausführlich über die Zusammenhänge. fukami hat auch noch ein paar interessante Anmerkungen zur Namensproblematik und dort entwickelt sich auch schon der erste Kommentaraustausch mit Wikipedianern.