Fortschritte: 30.000

Die Anti-Wahlcomputer-Petition reißt die 30.000er-Hürde. Schöne Sache das. Die Visualisierung zeigt, dass der Zustrom zur Petition konstant seit Beginn der Kampagne erfolgt. Noch gut zwei Wochen und die Petition wird die erfolgreichste Online-Petition des Bundestages bisher gewesen sein.

Fehn.TV merkt an, dass es doch auch noch eine andere Petition gibt, die das Thema ggf. etwas akkurater umschreibt. Ich hatte diese auch erst später entdeckt aber es ist sicherlich nun kein Beinbruch, dass sich alles auf die Petition von Tobias Hahn konzentriert. Die letzten Wochen haben durch die Petition schon eine interessante webweite Diskussion losgetreten und bei vielen ein doch recht substantielles Verständnis für die Problematik gebildet. Das ist schon mal eine Menge.

Etwas Verwirrung gibt es darüber welche Wichtigkeit das Erreichen der 50.000 Stimmen-Grenze für die Petition hat. Wenn man den Text richtig interpretiert, gibt es eine Automatik für diesen Fall und eine zusätzliche, wenn diese Grenze schon nach drei Wochen erreicht worden wäre. Letztere ist nicht relevant und kann auch nicht mehr erreicht werden.

Update: Ich habe mir das Beamtendeutsch der Petitionsregelung jetzt noch ein mal genau erklären lassen und durfte feststellen, dass ich das bisher wohl falsch interpretiert habe. Es sieht also so aus: die 50.000 gelten entweder von Beginn an (das war das, was ich falsch verstanden habe: das wären quasi Unterschriften, die man schon zum Zeitpunkt der Einreichung vorweisen kann) oder eben nach drei Wochen. Der Zeitpunkt ist vorbei.

Wie auch immer. Wünschenswert ist schon dass – wenn der aktuelle Trend anhält – sie die erfolgreichste Petition überhaupt gewesen sein wird und kann von der Politik nicht mehr als unbedeutend unter den Tisch gekehrt werden kann.

Im Rahmen des Widerspruchs gegen die Oberbürgermeisterwahl in Cottbus wird das Thema ohnehin das erste Mal öffentlich zur Sprache kommen, auch wenn der Termin für diese Anhörung noch nicht klar ist. Und das neuerliche Wahlcomputer-Debakel bei den Wahlen in den USA tut ihr übriges. In Virginia war der Unterschied zwischen dem demokratischen und dem republikanischen Kandidaten kleiner als 1%. Dem Gesetz nach kann hier eine Nachzählung angeordnet werden. Ich frage mich, welche Wahlcomputer dort zum Einsatz kamen und wie eine Nachzählung dort konkret aussieht.

Petitionsserver-Panik

Mein letzter Blogeintrag zu dem Thema war etwas konfus und ich hatte auch noch ein paar Dinge übersehen, daher hier eine kurze Zusammenfassung der Ereignisse in chronologischer Reihenfolge.

  1. Tobias Hahn richtet am 17. Oktober 2006 auf dem Petitionsserver des Deutschen Bundestags (der auf einem Server des Schottischen Parlaments läuft) eine Petition zur Abschaffung des §35 des Bundeswahlgesetzes mit der ID 294 ein.
  2. Die Petition wird vom CCC unterstützt und sammelt in der Folge über 25.000 Unterzeichner.
  3. Seit letztem Donnerstag oder Freitag funktioniert die Anzeige aller Unterzeichner der Petition nicht mehr richtig. Der Webserver erzeugt unvollständige, falsch formatierte Seiten. Offenbar ist dieses Problem seit Juni 2006 bekannt, weil es bei einer anderen Petition schon zu ähnlichen Effekten.
  4. Mindestens eine der Personen, die diese Seite zur Erzeugung von Statistik-Grafiken verwendet weist die Administratoren des Systems daraufhin. Über das letzte Wochenende passiert zunächst nichts
  5. Am Dienstag, den 7. November erscheint auf einmal eine „Ersatzpetition„, die im Kern den selben Petitionstext enthält wie die bisherige, allerdings schlecht formatiert. Hier stehen die Stimmen auf 0.
  6. Die bisherige Petition wird um einen Text ergänzt: „Bei dieser Petition kann aus technischen Gründen Ihre Mitzeichnung nicht mehr sichtbar gemacht und gezählt werden. Bitte benutzen Sie zur Unterstützung die sachgleiche Ersatzpetition, die wir hierfür extra eingestellt haben. Wir bitten um Ihr Verständnis.“. Obwohl hier gesagt wird, die Petition sei jetzt nicht mehr zählbar ist sie nach wie vor zur Zeichnung freigegeben. Ein direkter Link auf die „Ersatzpetition“ fehlt.

Derzeit sind also zwei Petitionen zum gleichen Thema geöffnet und beide können unterschrieben werden. Der in fetten Zeichen gesetzte Zusatztext impliziert, die ursprüngliche Petition sei nicht mehr zählbar, ist aber weiterhin unterschreibbar und der Zähler zählt auch hoch. Ein Link auf die neue Petition fehlt und die neue Petition enthält den Petitionsaufruf in falscher Formatierung.

Hier zahlt sich wohl gerade bitter aus, dass die Server der Online-Petitionen des Deutschen Bundestags nicht unter der technischen Hoheit des Deutschen Bundestags sind. Anstatt die Fehlfunktion eines Skripts zu beheben greifen die zuständigen Personen des Bundestags durch „Workarounds“ aktiv in den Ablauf und Inhalt der Petitionen ein. Ein unhaltbarer Zustand. Dazu kommt noch, dass viele sicherlich auch davon abgeschreckt sind, dass der Server nicht über ein korrektes Zertifikat verfügt und damit seine Legitimität nicht nachweisen kann. Manche gehen schlicht davon aus, dass es sich hier um eine Phishing-Site handelt. Das ist zwar nicht der Fall, aber so eine Reaktion ist verständlich. Man muss ja auf der Hut sein.

Jetzt werden durch das nicht nachvollziehbare Hin und Her bei der Petition die Chancen der Unterstützer der Petition massiv eingeschränkt und es bleibt total unklar, ob und wenn ja wo die Unterschriften korrekt gezählt werden, da ja die Liste nicht mehr öffentlich eingesehen werden kann. Der unverantwortliche Umgang mit den Petitionen darf nicht so weitergehen.

USA: Wahlcomputer machen Probleme

Wer hätte es gedacht: USA: Wahlcomputer machen Probleme. Viele neuen Geräte funktionieren schlicht nicht. Der Spiegel schreibt:


Amerika wählt, schon treten die ersten Pannen auf: Aus mehreren Bundesstaaten werden Probleme mit den brandneuen Zählmaschinen gemeldet. Mancherorts muss sogar auf altmodische Wahlzettel zurückgegriffen werden.

Soso, Wahlzettel sind also „altmodisch“. Gna. Aber schauen wir doch mal, was jetzt dort abgeht, wo die Kisten rumzicken:


Wie ein AFP-Korrespondent aus einem mehrheitlich von Schwarzen bewohnten Viertel in East Cleveland im Bundesstaat Ohio berichtete, funktionierte dort zunächst keines der elf Geräte in einer als Wahllokal genutzten Grundschule. Erst nach zwei Stunden war die Panne behoben. Bis ein Rechtsanwalt der Beobachtergruppe „Election Protection“ (Wahlschutz) auftauchte, weigerten sich die Wahlhelfer, den Wählern Papier-Stimmzettel auszuhändigen. „Weil die Maschinen streikten, haben sie die Wähler weggeschickt, obwohl sie dazu kein Recht hatten„, kritisierte der Anwalt Fred Livingstone. Auch in Orange Park in Florida mussten die Wähler doch wieder Stimmzettel aus Papier benutzen, weil eine Wahlmaschine streikte.

Soso. Ohio also. Ist das nicht der Staat, der die letzten Präsidentschaftswahlen entschieden hat? Honi soit qui mal y pense.

Ich denke in Cottbus wäre wohl auch nicht viel anderes passiert, wenn die NEDAP-Computer in einem Wahllokal nicht funktioniert hätten. Alternative Wahlzettel sahen wir da auf jeden Fall nicht herumliegen. Die interne Anweisung war, bei technischen Problemen die Wahlleitung anzurufen. Viele Wähler, die wir ansprachen hatten wenig Zeit und wollten schnell wieder weiter und wären wohl kaum noch ein zweites Mal ins Wahllokal gegangen. Da die Schließung um 18:00 Uhr wohl sicher auch nicht verschoben worden wäre kann man für den Fall schon mal klar von Einschränkung der allgemeinen Wahlen sprechen. Aber das interessiert ja keinen, wenn man so schön eine halbe Stunde beim Zählen spart.

Ganz toll auch diese Formulierung in dem Artikel:


Kritiker hatten vor der Wahl gewarnt, dass die neuen Wahlcomputer durch Hacker manipuliert werden könnten.

Geht’s noch? Es wurde nicht davor gewarnt, dass Hacker manipulieren könnten, sondern es wurde von Hackern gewarnt, dass Innentäter manipulieren könnten.

Wahlcomputer-Petition bringt Petitionsserver in die Bredouille

Die Anti-Wahlcomputer-Petition ist offensichtlich für den Petitionsserver des Deutschen Bundestags ein unerwarteter Erfolg. Auf der bisherigen Petitionsseite erscheint jetzt der Hinweis:

Bei dieser Petition kann aus technischen Gründen Ihre Mitzeichnung nicht mehr sichtbar gemacht und gezählt werden. Bitte benutzen Sie zur Unterstützung die sachgleiche Ersatzpetition, die wir hierfür extra eingestellt haben. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Um ehrlich zu sein, fehlt mir das Verständnis dafür, dass schon etwas mehr als 25.000 Stimmen so ein System ins Wackeln bringen. Für die Unterstützer der Petition ist das ein organisatorischer Rückschlag, da jetzt alle E-Mails, die direkt auf die Seite verwiesen haben, eine nicht mehr ohne weiteres zu unterzeichnende Petition aufrufen. Jetzt müssen alle Links angepasst und neu kommuniziert werden. Fein ist das nicht. Offensichtlich kann der deutsche Petitionsausschuss mit seinen administrativen Mitteln nicht mehr erreichen, als Petitionen zu schliessen und neue anzulegen. Die Technik wird ja vom schottischen Parlament betrieben. Was passiert, wenn wir die 50.000 überschreiten? Gibt es dann eine neue Petition? Tolle Wurst.

Update: Auf einen zweiten Blick stelle ich fest, dass die alte Petition auch noch unterzeichnet werden kann, womit jetzt zwei Petitionen online sind. Dazu kommt, dass von der einen zur anderen kein direkter Link oder gar eine Weiterleitung existiert. Außerdem ist der Text der Originalpetition nicht in seiner Originalformatierung übernommen worden und deutlich schlechter lesbar. Das erzeugt zusätzliche Konfusion. Man muss sich jetzt schon fragen, ob hier überhaupt noch alles mit rechten Dingen zugeht. Derzeit lässt sich die öffentliche Zeichnung der Petition nicht mehr verifizieren, was dem Petitionsgedanken widerspricht (schließlich handelt es sich hier nicht um eine geheime Wahl).
Die neue „Ersatzpetition zur weiteren Mitzeichnung“ ist also ggf. der neue gültige Link, die es zu verbreiten gilt. Ich empfehle aber an dieser Stelle stattdessen gleich die URL http://www.ccc.de/petition zu verwenden, die wiederum auf unsere Wikiseite zum Thema verweist, die ihrerseits alle wichtigen Informationen und natürlich korrekte Links auf die Petition selbst bietet. Dort wird auch regelmäßig der auf tausend gerundete Zwischenstand vermerkt, damit man nicht selbst addieren muss.

Blogberatung gesucht

Ich möchte mal hier das Blog-Template ein wenig auffrischen und suche nach einem funktionalen, schlichten und gut anpassbarem Template, dass mir mindestens die folgenden Features bietet:

  • Tabs für die wichtigsten Seiten (so ähnlich wie bei Spreeblick)
  • Einfache Konfiguration des Sidebar
  • Einbindung von RSS Feeds in den Sidebar
  • Unterstützung für Tags, Kategorien, deutsche Zeitformate

Eigentlich alles stinknormaler Kram, wenn ich es mir recht überlege, aber vielleicht gibt es ja noch was pfiffiges, was ich kennen sollte. Also falls jemand Tips für gute, flexible und stilsichere Templates hat, immer her damit. Ich will mein Grunddesign im Kern beibehalten und eher mehr Content bieten können.

Wer mir kein Template, sondern gleich ein anderes Blogsystem empfehlen möchte: für den Club sind wir auf der Suche nach einem Blogsystem, dass mehrere Blogs gleichzeitig mit einer gemeinsamen User Base unterstützt. Da habe ich noch nichts anständigess gefunden.

Ach: und ist Spam Karma eigentlich noch State of the Art, was die Sülzentfernung betrifft? Bei mir hustet das kräftig.

Antrag auf Unterstützung der Anti-Wahlcomputer-Petition beim Grünen-Parteitag

Vom 1. bis 3. Dezember 2006 findet in Köln-Deutz die Bundesdelegiertenkonferenz (Parteitag) von Bündnis 90/Die Grünen statt. Der Kreisverband Hagen hat nun auf Basis eines Beschlusses der örtlichen Kreismitgliederversammlung vom 24. Oktober 2006 beschlossen, einen Antrag gegen Wahlcomputer und für die Unterstützung der Anti-Wahlcomputer-Petition durch die Partei einzubringen. Eine Annahme des Antrags würde also die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen dazu auffordern, auf eine Gesetztesinitiative zu drängen, die den §35 des Bundeswahlgesetzes ersatzlos streicht.

Meiner Kenntnis nach wird sich außerdem wohl der Bezirkskongress der Jungen Liberalen Schwaben am 11. November in Kempten, die Kreisvorstandssitzung der FDP Ulm am 17. 11., sowie die Landesversammlung der Liberalen Hochschulgruppen Baden-Württemberg am 11. November mit dem Thema befassen. Offensichtlich scheint die FDP das „F“ in ihrem Parteinamen langsam wieder zu entdecken (wird auch mal Zeit). Auf dem 33. Bundeskongress schien das Thema aber wohl noch keine Rolle zu spielen.

Der Spiegel berichtet über Wahlcomputer

Der Spiegel berichtet in seiner heute erschienenen Druckausgabe (die passender Weise unter dem Titel „Achtung, Weltuntergang“ erscheint) auf zwei Seiten über die Wahlcomputer-Problematik („Kreuzchen ohne Spur“) und weist dabei auch auf den NEDAP-Hack und die Anti-Wahlcomputer-Petition hin.

Auf den ersten Blick ähneln die neuen Wahlcomputer den vertrauten Geldautomaten – unterscheiden sich von ihnen jedoch in zwei wesentlichen Punkten: Während jede Geldtransaktion an einen bestimmten Kontobesitzer gekoppelt ist, müssen geheime Wahlen anonym ablaufen. Und zweitens drucken viele Wahlmaschinen nicht einmal einen Beleg aus, während der Geldtransfer auf dem Kontoauszug auftaucht.

Bislang werden in umstrittenen Fällen einfach die Wahlzettel noch einmal ausgezählt, in Anwesenheit von Vertretern unterschiedlicher Parteien. Das aber geht beim papierlosen Verfahren nicht. Der Wahlcomputer ist eine Black Box. Ob sie richtig funktionstüchtig, kaputt oder manipuliert ist, kann der normale Wahlbürger nicht erkennen.

Der Artikel selbst haut mich in der Summe nicht um (die Behauptung der HSG, Wahlen seien mit Computern „billiger“ bleibt zunächst unwidersprochen und der Hamburger Wahlstift wird als „pfiffig“ wenn auch unerprobt bezeichnet), es ist aber beruhigend zu sehen, dass das Thema langsam auch in die klassischen Medien getragen wird.

Daily Show über Wahlcomputer

The Daily Show mit Jon Stewart greift in der Sendung vom 2. November 2006 das Thema Wahlcomputer in den USA auf, offensichtlich ausgelöst und inspiriert von dem Dokumentarfilm „Hacking Democracy“. Das Gespräch mit „Resident Expert“ John Hodgman is dann der großartige Höhepunkt. Ich sage nur: Diebold Transformers und Diebold Accuclaw. Und noch großartiger ist die einfache Erläuterung, wie Wahlcomputer denn nun genau funktionieren.

Video Podcast: The Daily Show with Jon Stewart: John Hodgman zu Wahlcomputern (MPEG-4, 12,1 MB, 00:06:47)

Podcast Feed für The Lunatic Fringe.