Petitionsserver-Panik

Mein letzter Blogeintrag zu dem Thema war etwas konfus und ich hatte auch noch ein paar Dinge übersehen, daher hier eine kurze Zusammenfassung der Ereignisse in chronologischer Reihenfolge.

  1. Tobias Hahn richtet am 17. Oktober 2006 auf dem Petitionsserver des Deutschen Bundestags (der auf einem Server des Schottischen Parlaments läuft) eine Petition zur Abschaffung des §35 des Bundeswahlgesetzes mit der ID 294 ein.
  2. Die Petition wird vom CCC unterstützt und sammelt in der Folge über 25.000 Unterzeichner.
  3. Seit letztem Donnerstag oder Freitag funktioniert die Anzeige aller Unterzeichner der Petition nicht mehr richtig. Der Webserver erzeugt unvollständige, falsch formatierte Seiten. Offenbar ist dieses Problem seit Juni 2006 bekannt, weil es bei einer anderen Petition schon zu ähnlichen Effekten.
  4. Mindestens eine der Personen, die diese Seite zur Erzeugung von Statistik-Grafiken verwendet weist die Administratoren des Systems daraufhin. Über das letzte Wochenende passiert zunächst nichts
  5. Am Dienstag, den 7. November erscheint auf einmal eine „Ersatzpetition„, die im Kern den selben Petitionstext enthält wie die bisherige, allerdings schlecht formatiert. Hier stehen die Stimmen auf 0.
  6. Die bisherige Petition wird um einen Text ergänzt: „Bei dieser Petition kann aus technischen Gründen Ihre Mitzeichnung nicht mehr sichtbar gemacht und gezählt werden. Bitte benutzen Sie zur Unterstützung die sachgleiche Ersatzpetition, die wir hierfür extra eingestellt haben. Wir bitten um Ihr Verständnis.“. Obwohl hier gesagt wird, die Petition sei jetzt nicht mehr zählbar ist sie nach wie vor zur Zeichnung freigegeben. Ein direkter Link auf die „Ersatzpetition“ fehlt.

Derzeit sind also zwei Petitionen zum gleichen Thema geöffnet und beide können unterschrieben werden. Der in fetten Zeichen gesetzte Zusatztext impliziert, die ursprüngliche Petition sei nicht mehr zählbar, ist aber weiterhin unterschreibbar und der Zähler zählt auch hoch. Ein Link auf die neue Petition fehlt und die neue Petition enthält den Petitionsaufruf in falscher Formatierung.

Hier zahlt sich wohl gerade bitter aus, dass die Server der Online-Petitionen des Deutschen Bundestags nicht unter der technischen Hoheit des Deutschen Bundestags sind. Anstatt die Fehlfunktion eines Skripts zu beheben greifen die zuständigen Personen des Bundestags durch „Workarounds“ aktiv in den Ablauf und Inhalt der Petitionen ein. Ein unhaltbarer Zustand. Dazu kommt noch, dass viele sicherlich auch davon abgeschreckt sind, dass der Server nicht über ein korrektes Zertifikat verfügt und damit seine Legitimität nicht nachweisen kann. Manche gehen schlicht davon aus, dass es sich hier um eine Phishing-Site handelt. Das ist zwar nicht der Fall, aber so eine Reaktion ist verständlich. Man muss ja auf der Hut sein.

Jetzt werden durch das nicht nachvollziehbare Hin und Her bei der Petition die Chancen der Unterstützer der Petition massiv eingeschränkt und es bleibt total unklar, ob und wenn ja wo die Unterschriften korrekt gezählt werden, da ja die Liste nicht mehr öffentlich eingesehen werden kann. Der unverantwortliche Umgang mit den Petitionen darf nicht so weitergehen.

21 Gedanken zu „Petitionsserver-Panik

  1. Es wär ja nett von den Zuständigen eine Verbindliche Aussage zu bekommen, ob die Stimmen der Petition zusammengerechnet werden, da es sich ja offensichtlich um einen Systemfehler handelt.
    Ich weiß ja nicht, wie Bürokratisch das bei Petitionen läuft, aber es sind ja auch nur Menschen, und mit vielen davon kann man recht gut reden. Notfalls vielleicht auch mit der Presse drohen.

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  10. Die Petitionen sind mittlerweile ordentlich formatiert und gegenverlinkt, offenbar wurde auf die Pressemitteilung vom CCC reagiert.

    Btw. auf der CCC Seite zeigt der Petitionscounter nur die Anzahl der Mitzeichner von der alten Petition…

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  13. Hallo Tim,

    ich habe meinen Weblog-Artikel eben um den nachfolgenden Punkt ergänzt, vielleicht interessiert Dich die Aussage der zuständigen Bundesanstalt (erscheint zwar erst am 13.11., aber viellecht schicken die Dir den Artikel schon vorab zu…)?

    Der Heise-Verlag meldet heute, am 10.11.2006, unter der Überschrift „Wahlcomputer sind nicht sicher“, dass das E-Voting nach dem Geräte-Hack in Deutschland auf der Kippe stehe und die zuständige Bundesanstalt in einem Gespräch mit dem Computermagazin c’t in der Ausgabe 24/06 (erscheint am 13.11.2006) einräume, dass zentrale Sicherheitsfaktoren neu bewertet werden müssten.

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