Cottbus behindert Überprüfung der öffentlichen Wahl

Ist Cottbus eigentlich schon an das Internet angeschlossen oder wurde der Ort irgendwie vergessen? Wir sind immer noch auf der Suche nach Leuten, die uns mal mitteilen, _wo_ denn eigentlich gewählt wird und uns fehlen noch so einige Wahllokale, die an diesem Sonntag für die Wahl zum Oberbürgermeister in Cottbus zum Einsatz kommen. Außer den benachrichtigten Wählern scheint diese Liste keiner zu haben. Die Kreiswahlleitung stellt diese Informationen nicht im Internet bereit. Ich bitte Wähler aus Cottbus, uns auch weiterhin entsprechende Informationen zukommen zu lassen. Ich lausche immer noch unter tim at ccc dot de.

Bei unseren Nachforschungen kamen wir auch mit einem Vertreter einer Studentengruppe in Kontakt, die sich an ihrer Universität mit dem Thema der Wahlcomputer auseinandersetzen möchte. Dieser Vertreter rief zwei mal bei der Kreiswahlleiterin von Cottbus, Sabine Hiekel, an. Die Bitte, doch eine Liste (entweder vollständig oder in Auszügen) der Wahllokale weiterzuleiten, wurde von ihr mit der Begründung abgelehnt, dass diese Listen „nicht herausgegeben werden müssten“. Interessanterweise enthält die Brandenburgische Kommunalwahlverordnung im §42
„Wahlbekanntmachung der Wahlbehörde“
tatsächlich die Formulierung:

„Anstelle der Aufzählung der Wahlbezirke mit ihrer Abgrenzung und ihren Wahllokalen kann auf die Angaben in der Wahlbenachrichtigung verwiesen werden“.

Aber dieser Satz bezieht sich lediglich auf die offizielle Bekanntmachung der Wahl. Ob individuelle Anfragen bei der Behörde auch einen solchen Informationsverschluss hervorbringen sollten erscheint mir allerdings höchst zweifelhaft. Bekommt hier der Spiegel die gleiche Antwort, wenn er anruft? Könnte sich der Spiegel vielleicht mal dazu äußern?

Wie auch immer. Auf der anderen Seite schreibt die selbe Verordnung vor, „dass die Wahl öffentlich ist und jedermann zum Wahllokal Zutritt hat“. Jeder hat also das Recht, die „Wahlhandlung“ vor Ort zu beobachten. Nun frage ich mich allerdings, wie jemand eine Wahl beobachten soll, von der nicht einmal bekannt ist, wo sie stattfindet?

Weiterhin vertrat die Kreiswahlleiterin die Meinung, dass der Aufbau der in Cottbus zum Einsatz kommenden Wahlcomputer (die laut Aussage von Frau Hiekel total sicher sind!!!) vor der Öffnung der Wahllokale „unter Ausschluss der Öffentlichkeit“ stattfinden würde und „wir den Leuten vertrauen müssten“. Sie stellte die Behauptung auf, dass „vor 8 Uhr da keiner rein“ dürfte.

Nun, wenn das stimmt sind wohl alle grundsätzlichen Bedenken gegen Wahlcomputer vollauf bestätigt: wir sollen bitte draussen bleiben während „vertrauenswürdige Personen“ in unserer Abwesenheit die Maschinen vorbereiten. Das ist so in etwa genau das Szenario, dass wir befürchteten. Unter diesen Bedingungen kann von einer öffentlichen Wahl kaum noch gesprochen werden.

Auch eine Auskunft, wo die Wahlcomputer denn gelagert würden, wurde schlicht verweigert. Das ist in gewisser Hinsicht verständlich, schafft aber auch nicht gerade Vertrauen. Könnte ja sein, dass die Dinger in irgendeiner Garage rumstehen und es der Studentengruppe nur deshalb nicht mitgeteilt wird, weil sie Angst haben, dass das auffliegt. Who knows? Transparenz ist anders.

Auf jeden Fall sollten sich die beiden Kandidaten der Wahl schon mal Gedanken machen, ob hier eigentlich noch alles mit rechten Dingen zugeht. Eine öffentliche Überprüfung der Wahl wird hier bereits im Vorfeld verhindert und es kommen ausschliesslich Wahlcomputer zum Einsatz. Intransparenter geht es kaum noch. Ich frage mich, ob hier nicht schon genug Material vorliegt, die Wahl vollständig anzuzweifeln.

Petition gegen Wahlcomputer

Auf der (auf einem schottischen Serrver gehosteten) Online-Petitionsplattform des Deutschen Bundestages gibt es jetzt auch eine Petition gegen Wahlcomputer von Tobias Hahn (natürlich ohne SSL und entsprechend hilfreiche Zertifikate).

Ein fundamentales Prinzip der Demokratie ist die Öffentlichkeit des gesamten Ablaufs von Wahlen. Bei Wahlen per Stimmzettel und Urne kann jedermann die Korrektheit des Wahlablaufs von der Aufstellung der Urne bis zur Auszählung und Feststellung des Ergebnisses kontrollieren.

Werden Wahlcomputer (Wahlgeräte) eingesetzt, wird ein einfaches, unzählige Male erprobtes, evaluiertes und bewährtes System durch ein komplexes, von nur wenigen Einzelnen überprüfbares System ersetzt. Ordnungsgemäßes Funktionieren und Manipulationssicherheit der eingesetzten Wahlcomputer werden zur unabdingbaren Voraussetzung der Integrität einer Wahl.

Ich bitte um Unterstützung. Ich habe gerade unterzeichnet. Wir sollten jetzt mal alles in Bewegung setzen, was sich in Bewegung setzen lässt.

Wahllokale der Kommunalwahl in Cottbus 2003

Ich habe mal die Liste der Wahllokale in Cottbus bei der Kommunalwahl 2003 in Google Earth geworfen. Wer das haben will kann es sich als KML herunterladen oder sich einfach direkt in Google Maps ankucken.

Kommentare oder Korrekturen erwünscht. Kann irgendjemand aus Cottbus eines der Wahllokale bestätigen? Sind Cottbusser überhaupt schon im Internet unterwegs?

Wahlen in Cottbus: Wahlhelfer und Wahllokale gesucht

Am Wochenende sind Oberbürgermeisterwahlen in Cottbus. Das Amt hat sich bemüht die durch den Wahlcomputer-Hack hervorgerufenen Zweifel durch eine Presseerklärung auszuräumen. Allerdings darf die Kernaussage („Cottbuser Wahlgeräte sind sicher!!!“) weiter getrost bezweifelt werden, denn entgegen der Darstellung sind die Unterschiede zwischen den holländischen und deutschen Wahlcomputern im extrem geringfügig und jegliche amtliche Versiegelung entfernt das Grundproblem der faktischen Nichtüberprüfbarkeit der Integretität der Geräte.

Leider ist das Wahlamt von Cottbus nicht besonders publikationsfreudig, was Informationen zur Wahl betrifft. So ist keine Liste der Wahlbezirke und der aktiven Wahllokale aufzufinden. Kann mir jemand eine solche Liste zugänglich machen? Für jede Hilfe wäre ich dankbar.

Wir sind auch auf der Suche nach auskunftsbereiten Wahlhelfern bei der Wahl. Wenn ihr selbst Wahlhelfer in Cottbus seid oder vielleicht jemanden kennt, der uns ein paar Fragen zum Wahlprozess beantworten könnte, wäre ich dankbar. Bitte Kontakt per E-Mail unter tim at ccc punkt de.

Nachtrag zu Wahlcomputern

Ich bin gerade extrem kommunikationsfaul und daher verweise ich hier mal auf den Artikel bei der Rucksackreinigung, den ich eigentlich selbst hätte schreiben sollen: der Artikel Wahlcomputer sind böse geht auf die lächerliche Pressemitteilung der HSG Wahlsysteme (PDF), die den Vertrieb der NEDAP-Wahlcomputer in Deutschland innehaben.

Ich muss sagen, dass ich schon lange niemanden mehr auf so dünnem Eis gesehen habe, wie diese planfreie Wahlcomputerfraktion. Wenn wir die nicht versenkt bekommen können wir es wohl mit unserer Demokratie komplett vergessen. Ich möchte Euch bitten, das Thema auch in den nächten Wochen und Monaten nicht aus dem Auge zu verlieren, damit wir uns nicht bei der nächsten Bundestagswahl wundern, wie es Person X auf Posten Y geschafft hat.

Wir sind zwar noch ein wenig hinter den faschistischen und orwell’schen Tendenzen der USA und Großbritanniens hinterher, aber so richtige Gegenbewegungen sehe ich es gerade nicht. Ich würde hier gerne noch ein paar Jahrzehnte Spaß haben und mir diese Scheisse mit sprechenden Überwachungskameras, prä-emptiven Bespitzelungen und Verhaftungen von Bürgern nebst Waffenkontrollen am Supermarkt gerne noch ein wenig ersparen.

Wahlcomputer gehackt

Kurz nach unserer letzten Chaosradio-Sendung zum Thema Wahlcomputer wurde jetzt der seit längerer Zeit vorbereitete Wahlcomputer-Hack veröffentlicht, über den wir leider in der Sendung noch nicht sprechen konnten, damit wir nicht einem Fernsehbericht in den Niederlanden vorweg greifen.

Dem technisch Aufgeschlossenen sei vor allem ein Blick in das begleitende Paper empfohlen, das nicht nur zeigt, welche grundsätzliche Sicherheitslücken existieren, sondern auch demonstriert, wie man aus den Wahlcomputern Schachcomputer macht. Wer glaubt, diese Systeme seien nur „Maschinen“ sollte jetzt eines besseren belehrt sein. Es sind Computer – mit allen ihren Schwächen.

M1K

Die Mars-Roboter der NASA sind nicht aufzuhalten. Statt erhofften dreissig bis neunzig Tagen sind die Maschinen jetzt seit über 900 Tagen unterwegs und erreichen immer neue Ziele. Das schafft Probleme:

And to show how genuinely surprised scientists are at the long duration of the rovers, scientists recently had to solve a problem similar to the „Y2K“ crisis of 1999-2000. In the latest revision of software sent to the rovers, programmers had to add a fourth digit to the assignment of tasks for each Mars day. When the rovers were designed, no one could imagine they would still be thriving more than 999 sols, or Mars days.

Was lernt man daraus? Man soll nie unterschätzen, wie lange die eigene Software zum Einsatz kommt.

Veröffentlicht unter German

Stimmen hören

Niemand hört so gut Stimmen wie das Erratik Institut Berlin.

Und das hörte das Institut heute:

Dienstag, circa 23:30h, ZDF.
Johannes B. Kerner im Gespräch mit Til Schweiger:

Kerner: „Herr Schweiger, wie bringen Sie denn Ihren Kindern Kultur und Musik nahe?“
Schweiger: „Limewire?“

Toll. Moderne Zeiten.