Öffentlich-rechtliche Podcasts und die Entdummung der Masse

Heise berichtet über eine Studie der ARD zu Podcasts, die offensichtlich sehr positiv ausfällt. Ich stimme mit den Schlussfolgerungen der Studie überein und gestehe, der Kernzielgruppe anzugehören.

Es gilt, die Öffentlich-Rechtlichen bei ihrer Forderung, mehr im Internet zu unternehmen, zu unterstützen. Was besseres, als qualitativ hochwertige Berichterstattung, Kulturbeiträge und politische Kommentare frei Haus zum normalen Fernsehtarif zu bekommen, kann uns nicht passieren. Das zeigt schon heute das Podcast-Angebot z.B. des Deutschlandfunks oder des Hessischen Rundfunks. Derzeit gibt es noch Begrenzungen der Ausgaben im Internetbereich, damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk den Privaten nicht in die Quere kommt. Wenn ich mir deren Scheisse aber anschaue wird mir klar, dass diese Begrenzung fallen muss und geradezu durch eine Investitionswelle der Öffentlichen ins Internet – und insbesondere in Podcasts – ersetzt werden muss.

Es wird immer viel über die Rundfunkgebühren gestritten und ich kann das auch verstehen, denn keiner zahlt gerne. Es wäre wohl auch besser, wenn nicht nur die Leute für den Rundfunk zahlen, die ihn empfangen sondern schlicht alle Bürger, denn ihnen kommt das auch zu gute, egal ob sie nun selbst ne Glotze rumstehen haben oder nicht. Gerade die Diskussion um die Gebühr auf Computer zeigt dieses: eigentlich können alle jederzeit in den Genuss kommen, wenn die Inhalte mal ins Internet wandern (wo sie auch hingehören). Da also jeder davon profitieren kann sollte man auch die erforderlichen Einnahmen auf alle Bürger umlegen und in einen allgemeinen Staatsetatposten umwandeln.

Ich fühle mich nicht wohl bei dem Gedanken, in einer Gesellschaft zu leben, in der alle nur noch auf dem Bildungslevel von „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ leben. Der Verdummung der Bevölkerung vor allem in Form von Privatfernsehen bzw. dessen schlechten Einflusses auf die öffentlich-rechtlichen Sender muss etwas entgegengesetzt werden, und dazu brauchen wir starke, unabhängige Medien. Die gibt es nicht umsonst.

Ich würde mir wünschen, dass die ARD nicht nur die Sendungen podcastet, die ohnehin im Programm sind (wie z.B. Quarks & Co.), sondern auch beginnt, eigene Formate für das Internet zu entwickeln. Fernsehserien nach dem Vorbild von Chasing Windmills wären dabei nur eine Idee, viele andere Formate halte ich sowohl für denkbar als auch für wünschenswert.

17 Gedanken zu „Öffentlich-rechtliche Podcasts und die Entdummung der Masse

  1. hoho .. du hälst ja große Stücke auf die Öffentlich-Rechtlichen. Ich nicht – und ich bin auch (energisch) gegen die Ausweitung der Gebühren auf internetfähige Geräte.

    Fakt ist, sowohl öffentlich-rechtlicher als auch privat-kommerzieller Rundfunk produzieren sehens und hörenswerten Content, die privat-kommerziellen leider deutlich weniger als die öffentlich rechtlichen. Grundübel der öffentlich-rechtlichen ist imho der Auftrag der Grundversorgung, d.h. es muss gesetzlich verordnet jedes Programmsegment abgedeckt werden – das ist von übel.

    Ich bin der Überzeugung, dass auch ein privat-kommerzieller seriöser „Rundfunk“ möglich ist – bedingt durch das Internet sind die Sende und Produktionskosten ins unendliche gefallen.

    Natürlich ist es so, dass „wir, was wir über die Welt wissen aus den Massenmedien“, insofern schafft das Fernsehen Weltbilder und diese wichtige Funktion darf man natürlich nicht leichtfertig den privat-kommerziellen überlassen – fraglich bleibt allerdings, ob das Feld der sogenannten seriösen Berichterstattung nicht auch von den privat-kommerziellen bevölkert würde.

    Abschließend muss ich natürlich gestehen, dass ich sehr viel Radio höre, seit Radio-5 und DLF ihre Inhalte als Podcasts anbieten. Teilweise ärgere ich mich allerdings sehr darüber, dass interessante Inhalte in Radioformate gepresst werden – einen Satz wie „… wir müssen jetzt das Interview leider beenden, denn jetzt kommen die Nachrichten.“ will ich in einem Podcast einfach nicht hören.

  2. Ich fände es vor allem auch nett, wenn die Podcastst nicht verstümmelt werden würden – wie bei Quarks und Co.: von 45 auf 30 Minuten runtergeschnitten. Außerdem würde ich mir eine „Inhalte-Offensive“ wie bei der BBC wünschen, die weite Programmteile zur völlig (?) freien Verfügung stellt.

  3. Bin ich ganz deiner Meinung. Vor allem finde ich das endlich mal ein Fernsehen, was ich gucken kann; nämlich unterwegs in Bahn oder Bus auf dem iPod oder Zuhause dann, wenn man Zeit hat. Leider haben grade für letzteres die meisten Videopodcaster noch nicht gemerkt, dass auch 640×480 Pixel auf dem iPod funktionieren. (Danke Tim übrigens für die neu hochgeladenen ChaosTV Episoden in großer Auflösung!)

    Grüße Markus

  4. Mist, hat vor mir jemand BBC gesagt. Aber jenseits von Inhalten: Habe ich nicht neulich gelesen, dass die BBC jetzt so eine Art „Innovation Manager“ hat, der jetzt wöchentlich oder so auf der BBC-Seite ein neues Feature launchen und ausprobieren will?

    Und in Deutschland kooperieren die ausgerechnet hauptsächlich mit dem ZDF. D’oh.

  5. Zustimmung auf voller Linie:

    1. Der ÖR Rundfunk sollte tatsächlich (wie beispielsweise auch die BBC in Großbritannien) steuerfinanziert werden. Das würde auch das Bürokratie-Monster GEZ überflüssig machen.

    2. Die Inhalte des Rundfunks, für den wie (fast) alle bezahlen, sollten ins Netz – und zwar – und das fehlt mir bei deinem Beitrag:

    a) in freien, offenen Formaten wie Ogg/Vorbis und Ogg/Theora
    b) unter freien Lizenzen wie denen der Creative Commons

  6. @Doener: Wenn der ÖR-Rundfunk steuerfinanziert wäre, dann wäre er abhängig vom Staat und dieser könnte damit machen was er wollte! Das ist nicht meine Argumentation, u.a. Holger Klein vom Chaosradio sagt das immer wieder, aber für mich klingt das natürlich auch logisch.

    (Auch wenn es ein Graus ist was die GEZ da macht: Ich glaube die Jungs brauchen wir.)

  7. kleine anmerkung: dradio.de ist die website vom Deutschlandradio (also auch vom Deutschlandradio Kultur)

    inhaltlich stimme ich dir vollkommen zu.
    solange es aber die (halbwegs freiwillige) selbstbeschränkung der ÖR gibt, nur 0,75% des etats für onlineprojekte zu verwenden und die onlinebeiträge nur programmbegleitend sein dürfen, wird sich da nichts ändern.

    interessant ist in diesem zusammenhang ausserdem, dass uns der offene standard und distributionsweg „podcast“ endlich handbare formate wie mp3 und mp4 bei den ÖR gebracht hat. es ist zwar noch ein weiter weg, bis der ganze real- und windows-media dreck weg ist, aber bis vor 2 jahren durfte offiziell die onlineverbreitung von audio und video nur als streaming stattfinden. selbst wenn, technisch gesprochen, ein mpeg file übertragen wurde, sollte dies nicht „downloadbar“ sein. es wurde schlichtweg geleugnet, dass es ein download ist. urls von dateien wurden möglichst relativ adressiert und mehrmals redirectet, damit sie ja keiner runterladen oder womöglich direkt verlinken konnte. wenn media-links direkt adressiert wurden, dann aber zumindestens per javascript das browserkontextmenü deaktiviert. dreckige, dumme tricks.

    übrigens stimmt es nicht, dass die GEZ-gebühren nur für die ÖR verwendet werden. auch die landesmedienanstalten, die z.b. darüber wachen, dass die privaten sender nicht zuviel werbung senden, werden von den gebühren finanziert.

  8. @ Helmut:

    Nur weil die Finanzierung über das Steuersystem staatlich erfolgt, bedeutete das ja nicht, dass damit auch die Kontrolle des Rundfunks staatlich sein müsste.

    Die Kirchensteuer wird ja auch über den Staat eingetrieben.

  9. @Doener: Da magst du durchaus recht haben, aber sobald ein Staatssystem dies möchte kann es dem ÖR Rundfunk einfach den Geldhahn zudrehen und der ARD steht da wie ein nasser Pudel. Das wird mit der GEZ als Zwischenorgan deutlich schwieriger.

    D.h. der Staat könnte jederzeit, bei einem falschen politischen System z.B., einfluss auf die Sender nehmen. Direkt, und ohne Umwege.

  10. Nur habe ich keine lust den öffentlich rechtlichen mitzufinanzieren, blos aufgrund der tatsache das ich deutscher staatsbürger bin, zumal die inhalte über das internet ja der gesamten welt „zugute“ kommen. Nicht nur mir. Soll die gesamte welt bezahlen, vll. wirds dann billiger. Prinzip cost sharing.

  11. @Chippy: Das TV-Programm wird ohnehin bereits über Satellit (und zum Glück unverschlüsselt) auch in Nachbarländern ausgestrahlt. Außerdem denke ich, dass das Interesse an deutschsprachigen Informationsangeboten zum größten Teil ohnehin auf Zentraleuropa beschränkt ist. Warum sollte man irgendeinen Aufwand betreiben, um in anderen Ländern diese Angebote nicht(!) verfügbar zu machen? Das wäre für den ÖR, der keine wirtschaftlichen Interessen verfolgt, einfach nur rausgeworfenes Geld.

  12. @Doener: Volle Zustimmung, was freie Formate betrifft. Der ÖR kann da auch deutlich mehr bewirken als Chaosradio :)

    Tatsächlich steht aber OGG Vorbis und ggf. auch Theora bei den Öffentlichen heute schon hoch im Kurs und zwar schlicht aus finanziellen Gründen! MP3-Streaming stösst auf Vorbehalte, weil damit nicht unerhebliche Lizenzkosten verbunden sind.

    Andererseits wäre es auch ein Fehler, wenn die ÖR etablierte Defakto-Standards ignorieren. Man mag sich vielleicht ins Fäustchen lachen, wenn der ARD-Content auf einmal nicht mehr auf den iPod übertragbar wäre, aber es würde weder den iPod-Besitzern noch der ARD viel helfen. Am Ende würden sich beide ignorieren und das kann nicht Sinn der Sache sein. An der Stelle würde ich die Mehrausgabe für Lizenzen begrüßen, denn mir ist die freie Informationsvermittlung noch wichtiger als die Wahl freier Formate.

    Die Begrenzung des Internet-Etats der ÖR ist derzeit wohl das größte Problem. 0,7% ist einfach zu wenig. 7% wäre wahrscheinlich deutlicher angemessener. Wenn überhaupt eine Beschränkung sinnvoll ist; das sollten das die ÖR selbst wirklich entscheiden.

  13. Ich frage mich ehrlichgesagt, warum Apple nicht einfach mal die OGG-Formate unterstützt. Andere Mp3-Player-Hersteller schaffen das ja auch. Nicht einmal iTunes (!) unterstützt Ogg Vorbis.

    Liegt das vielleicht daran, dass Apple unbedingt AAC als Mp3-Nachfolger durchdrücken möchte, weil Apple da mit Patenten mitverdient? So weit ich weiß, kann man beispielsweise in Garageband seine Aufnahmen sogar nur direkt im AAC-Format abspeichern.

  14. Ob Apple an MPEG-4 Lizenzen so viel mitverdient ist mir nicht bekannt. Kann sein, kann nicht sein. Auf jeden Fall ist MPEG-4 der Broadcast-Standard und natürlich will Apple so wenig Technologien unterstützen müssen wie möglich.

    Während Vorbis ein korrektes Format ist, bietet Ogg als Container recht wenig. Und: für Vorbis und Theora gibt es aber bis heute keinen leicht zu installierenden Encoder (warum gibt es dafür kein Plug-In?), so dass man sich nicht wundern muss, dass niemand dafür Content produziert.

    iTunes unterstützt wie jedes Programm auf dem Mac Ogg, Vorbis und Theora, sobald man das Xiph-Plugin installiert. Out of the box. Ich spiele meinen ganzen Ogg-Content mit iTunes ab.

    Der iPod wiederum unterstützt kein Ogg, kein Vorbis, kein Theora. Das liegt natürlich vor allem daran, dass der Broadcom-Chip das nicht kann. Also sollte man wohl vor allem bei Broadcom anklopfen und nicht bei Apple.

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