StudiVZ und der CCC

Ein Gespenst geht um. Die Web-Peinlichkeit „StudiVZ“, die jüngst für unangenehm überhöhte Beträge den Besitzer wechselte, soll auch weiterhin vor selbstverschuldetem Medienschaden bewahrt werden und da sind wohl alle Mittel recht. Letzter Scoop ist ein Interview von Konstantin Urban (Chef von Holtzbrinck Networks) im Manager Magazin des Spiegel Verlags, in dem er frech behauptet, der „Chaos Computer Club“ habe „vergebens versucht, sich ins System zu hacken“.

Dazu lässt sich zunächst nur knapp kommentieren, dass eine generelle Politik des Chaos Computer Club ist, sich niemals an irgendwelchen Sicherheitsüberprüfungen jeglicher Art offiziell zu beteiligen. Wer irgendwo liest, dies habe stattgefunden weiß damit sofort, dass es sich um eine glatte Lüge handelt. Diese muss somit Herrn Urban hiermit unterstellt werden.

Die Diskussion wurde auch bei Don Alphonso aufgegriffen und dort wurde auch ein anonymer Kommentar aus einem mittlerweile bei StudiVZ gesperrten Blog (oder so) zitiert, in dem wohl eine Person aus unserem Umfeld recht treffend den von mir oben angesprochenen Sachverhalt beschreibt.

Ich bin diesem StudiVZ-Thema bislang ja aus dem Weg gegangen, aber mir platzt nun langsam die Hutschnur. Ein paar Tage vor dem 23C3 schlugen bei uns über private Kontakte Investoren von StudiVZ auf, die wohl aufgescheucht durch einen im 23C3 Wiki angekündigten Lightning Talk über eine Datenauswertung der für eine Weile frei im Netz zugänglichen Profile der StudiVZ-Nutzerschaft. Man befürchtete hier wohl schlimmeres und wollte den CCC irgendwie dafür gewinnen, doch mit StudiVZ zusammenzuarbeiten oder was auch immer. Wir lehnten dies kurzerhand mit Hinweis auf den schon erwähnten Grundsatz ab und fügten hinzu, dass uns StudiVZ nicht interessiert und dass sie ihr ramponiertes Image gefälligst in eigener Zuständigkeit flicken sollen.

Der CCC hat wichtigeres zu tun, als sich um die amoklaufende New-Economy-Angeber zu kümmern, die sich ihr öffentliches Ansehen durch Belästigung von Frauen in der Öffentlichkeit und dem Witzeln mit Nazipropaganda-Ästhetik verspielen. Echt nicht unser Ding. Ist ja nicht so, dass StudiVZ irgendwie dafür bekannt wäre, für Informationsfreiheit oder andere hehre Ziele zu kämpfen. Hier geht es nur um Geld und sonst nichts.

Nun im Nachhinein aber in der Öffentlichkeit den CCC auch noch als Feigenblatt zu verwenden, um eine Sicherheit vorzugaukeln die zumindest bislang offensichtlich nicht existierte, schlägt dem Fass den Boden aus (und euer Blog habt ihr wohl auch gerade nicht im Griff).

Liebe Damen und Herren Investoren, Geschäftsführer und Gesellschafter. Ich finde es ja rührend, wie sehr Ihr Euch um Eure Millionengewinne auf Kosten der Privatsphäre nichtsahnender Studenten kümmert, aber bitte lasst den CCC dabei heraus. Wir möchten mit Euch nichts zu tun haben, finden Euch peinlich und überflüssig und ab jetzt auch nur noch scheisse. Geht weg.

Ich denke, der Holtzbrink-Verlag wird wenig Freude an seiner neuen Investition haben. Ich wünsche schon mal viel Spaß, denn die ungebetenen Verlautbarungen dürften das Portal nun erst recht in den Mittelpunkt des Interesses der Security-Szene getrieben haben. Selber Schuld. Tip: Hirn einschalten hilft meistens.

Update: Heise hat eine brauchbare Zusammenfassung des Vorgangs.

16 Gedanken zu „StudiVZ und der CCC

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  2. Pah, der CCC macht sowas wirklich nicht.
    Das war der SuperduperBNDaufallenFestplat-
    tenspionagetrojaner!
    Vorsicht, das Teil ist allgemeingefährlich
    und dekadent!

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  4. Um dritten Absatz: was Don Alphonso da zitiert ist kein Kommenar im Blog, sondern es ist das – wirklich sehr treffende – Blogposting das ab Mitternacht eine gute Stunde auf dem Blog von StudiVZ als oberster Eintrag war, so viertel vor 12 wurden sogar noch Kommentare freigeschalten. Hatte mich um halb1 noch vor den PC gesetzt und es gleich mitbekommen – ein Heidenspaß!

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  6. Man sollte versuchen eine Gegendarstellung im Konstantin Urban Magazin zu erwirken.
    Ich denke das wäre das beste.
    Ansonsten vielleicht auf ccc.de vermerken welche Dienste der ccc nicht anbietet.
    Das könnten zukünftigen Leuten, die den CCC versuchen auszunutzen etwas den Wind aus den Segeln nehmen.

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  10. @ Martin: du meinst wohl, eine Gegendarstellung im Manager Magazin – und wenn dann _von_ Konstantin Urban. Fände ich auch gut. Also eine Gegendarstellung. Muss ja nicht von Herr Urban sein, würde schon reichen wenn sie gut plaziert wäre, und nicht, wie bei Richtigstellungen so üblich, ganz „hinten links“.

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