Jemand des Hebräischen mächtig? Würde ja gerne mal wissen, was Haaretz so über den CCCB zu berichten weiß: Haaretz: פיראטים עם מיץ תפוחים
Update: Danke an Daniel für folgende Übersetzung. Ein paar Anmerkungen konnte ich mir nicht verkneifen.
Piraten mit Apfelsaft
von Ofri Ilani, Berlin
Der Chaos Computers Club mag vielleicht aussehen wie ein Vergnügungstreffpunkt mit vielen Computern, aber seinen ist es gelungen in das KGB und die NASA einzudringen. Die deutsche Vergangenheit, so behaupten sie, hat ihre Auffassungen geprägt.
Klassisches Pressemißverständnis: der CCC ist nie in den KGB eingedrungen und der NASA-Hack lässt sich so auch nicht korrekt zusammenfassen. Naja. Details.
Zig violette Glühbirnen blinken in der Leitstelle des CCC Vereins, in der Marienstraße im Zentrum von Berlin. An einer Wand ist eine schwarze Piratenflagge ausgebreitet, und an den anderen Wänden hängen Parolen gegen das Establishment zu einer Vielfalt von Themen. In einer Ecke sitzt ein junger Brillenträger mit Spitzbart und trägt mit Begeisterung einem anderen Jugendlichen über den Zusammengang von Nietzsches Philosophie und der „open source“-Ideologie vor. Auf dem Sofa neben ihnen liegt ein Jugendlicher und raucht einen joint, der Laptop aufgeklappt auf dem Fußboden neben ihm. Am Tisch im Zentrum sitzen noch etwa acht Club-Mitglieder, die meisten langhaarig, und tippen konzentriert auf Laptops in verschiedenen Größen, der bläuliche Lichtschein der Bildschirme beleuchtet ihre Gesichter.
Falls es im digitalen Zeitalter etwas Vergleichbares zu den Piratenhöhlen vom damals gibt, so muss man annehmen, daß das aussieht wie die Zentrale des Chaos Computer Clubs — die größte Hacker-Organisation in Deutschland und eine der stärksten in der Welt. Nur an wenigen Orten des Globus befinden sich Hacker an gleicher Stelle, physisch, ideologische Programme ausarbeitend, und eine Flasche Apfelsprudel nach der anderen leerend. Letztlich, handelt es sich trotz allem um geeks; nach zwei Bieren fällt es schwer in den Computer der Zentralbank einzudringen.
Apfelsprudel. Blasphemie! Das ist Club-Mate!
Seit seiner Gründung Anfang der 80’er, durch den digitalen Aktivisten Herwart „Wau“ Holland, sind dem CCC einige der angepriesensten Einbrüche in der Geschichte der deutschen Hacker zuzuschreiben. Im Jahre 1989 sind Club-Mitglieder ins elektronische System der deutschen Post eingedrungen, und haben dem Club 134 Tausend Mark gutgeschrieben–die Summe haben sie der Bank zurückgegeben. In den folgenden Jahren sind sie in die Computer des KGB, der NASA und einiger schwerkräftigen staatlichen Einrichtungen eingedrungen. Beim Congress den der Club jährlich organisiert nehmen über 3000 Hacker, digitale Künstler und Fans der neuen Medien teil.
Wieder dieses KGB-Dingens. Das „elektronische System der deutschen Post“ war natürlich Bildschirmtext und die Gutschrift ging zu Lasten der Hamburger Sparkasse.
„Was die Hacker antreibt, ist letztlich die Herausforderung alle Hindernisse zu überwinden und Dinge zu entdecken“, sagt Christian Christiansen, einer der hochrangigsten und aktivsten des Clubs, der seit über 20 Jahren, seit seinem zehnten Lebensjahr, in ihm mitwirkt. „Das fängt als Spaß an: Jemand entdeckt einen Weg irgendwo einzudringen, und dann prüfen wir ob es einen Grund gibt die Sache zu veröffentlichen, und sie zu Aufklärungszwecken zu verwenden.“
„Der Club ist auch wie eine Familie. Wir unterstützen uns gegenseitig und sitzen beisammen. Rund um die Uhr trifft man hier jemanden an. Eine Zeit lang haben hier sogar einige Leute gewohnt, aber vor einigen Monaten haben wir entschieden das einzustellen. Die Sofas wurden zu eng.“
Die Freiheit des Filesharing.
Aber der CCC ist nicht nur ein gesellschaftlicher Club, sondern hält auch eine äußerst unantastbare Ideologie aufrecht. Auf der Homepage des Clubs (www.ccc.de) definiert er sich als „galaktische Kommune von Lebensformen, die um die Datenfreiheit kämpft.“ Zwei Prinzipien stehen im Mittelpunkt der Ideologie der Organisation: Einerseits der kompromisslose Kampf gegen jede Technologie, die die Privatsphäre der Bürger und ihrer persönlichen Daten bedroht; andererseit der Kampf um die Offenheit und Verfügbarkeit von Daten des öffentlichen Lebens.
In den letzten Jahren bilden zwei Themen die Spitze der Anliegen der Leute des CCC. Das erste ist der Kampf gegen Technologien zum Datenschutz wie DRM, das der Film-, Software- und Musikindustrie dazu dient das Kopieren und Verbreiten geistigen Eigentums zu begrenzen. „Wir meinen, diese Methoden bedrohen die Freiheit im Internet“, sagt Christiansen. „Die Kultur des Austauschens von Daten und Dateien mit anderen, und die eigene Entscheidung wen man mit einbezieht, sind unserer Meinung nach in Gefahr.“
Einige der Club-Mitglieder haben letzten Monat die „Partei der Piraten Deutschlands“ gegründet–eine politische Bewegung die sich die Bewahrung der freien Verbreitung digitaler Daten auf die Fahnen geschrieben hat. Trotzdem bemüht die der CCC mit keiner politische definierten Körperschaft identifiziert zu werden. „Wir haben keine verbindliche politische Linie, aber die meisten hier sind definitiv links-orientiert, und das drückt sich in ihren Aktivitäten aus“, sagt Christiansen. „Das ist ganz anders als in den USA und vielen anderen Orten, wo die Hackerszene eine sehr kommerzielle oder rein vergnügungsmässige Ausrichtung hat.“
Einen noch entschlosseneren Feldzug führt der Präsident des CCC gegen Mittel zur digitalen Überwachung von Personen und gegen kommerzielle oder staatliche Datenbanken. Derzeit im Zentrum des Widerstandes steht der digitale Reisepass: Ein Identifikationsmittel das letztes Jahr in Deutschland eingeführt wurde und kodierte Informationen über seien Inhaber enthält, und überhaupt sein Fingerabdruck ist.
Der Präsident? Wußte gar nicht, dass wir so was haben :)
„Wir versuchen diese Technologien zu überwinden, da sie nicht so sicher sind, wie sie erscheinen, und die persönliche Freiheit und Privatsphäre bedrohen,“ erklärt Christiansen. „Aber technologische Angelegenheiten sind so kompliziert, daß die Leute sie im allgemeinen nicht verstehen und die Gefahren nicht erkennen. Wenn wir eine Gefahr sehen, weisen wir darauf hin. Und da der Club in Deutschland ein Art Markenprestige hat, erregt eine von uns herausgegebene Pressemitteilung im allgemeinen Aufsehen.
Die gesetzlichen Autoritäten, andererseits, sind keineswegs begeistert von einigen der Aktivitäten der Organisation, und Einbrüche die in letzter Zeit durchgeführt wurden führten zu Festnahmen durch die Polizei. „Letztlich das Hauptziel, weswegen der Club gegründet wurde, war, den Mitgliedern eine Art Schutz bereitzustellen“, sagt Christiansen. „Wenn wir mitteilen, daß irgendein Einbruch durch den CCC ausgeübt wurde, schützt das die Person die ihn durchgeführt hat.“
Da muss ich doch mal dazwischen, denn so wurde das sicherlich nicht gesagt, weil es sich so schlicht nicht verhält: Der CCC tritt als Vermittler in der Öffentlichkeit aber auch hinter verschlossenen Türen auf, aber begeht keine Einbrüche! Wenn ein technologisch fortgeschrittener Jugendlicher bei seinen Forschungen so weit vorgestossen ist, dass er feststellen muss, dass er sich mit dem Gesetz oder einen anderen scheinbar unbesiegbaren Gegner angelegt hat, dann hält der Club nicht selten eine schützende Hand über die Person und versucht zu erklären und zu vermitteln.
Während so was mehr als einmal vorgekommen ist ist es nicht der primäre Grund gewesen, warum sich der Club gegründet hat. Die Gründung des _Vereins_ wiederum hatte zahlreiche praktische Erwägungen, die sich schlicht aus dem Vorteil des Vorhandenseins einer kollektiven juristischen Person ableiteten.
Wir haben den Krieg verloren
Christiansen bringt die außergewöhnliche Empfindsamkeit jeder Art von Überwachung und Einschränkung der Privatsphäre mit der besonderen Vergangenheit Deutschlands in Zusammenhang. „In Deutschland gibt es Denkweisen, die man in den anderen Westeuropäischen Ländern nicht sieht, und die dem außenstehenden Beobachter seltsam erscheinen mögen. Eine davon ist die Verteidigung persönlicher Daten, und die Empfindlichkeit gegenüber den Befugnissen von Staat und Polizei. Ohne
Zweifel ist das von der Erinnerung an allmächtige Körperschaften wie die Gestapo beeinflusst und vom Willen eine Wiederholung einer derartigen Unterdrückung zu verhindern.„Wegen der Nazi-Vergangenheit wurde der Versuch unternommen in Deutschland Gesetze zu verabschieden, die die Regierung daran hindern den Taten ihrer Bürger nachzuspionieren“, erklärt er. „Jetzt aber, gibt es die Neigung, dies zu ignorieren und zu vergessen zu welchem Zweck die Einschränkungen gesetzlich festgelegt wurden. Politiker von fast allen Parteien sind für die Einführung einer Datenbank mit Details der Bürger, welche die Polizei und der Geheimdienst benutzten können. Bis vor Kurzem gab es in Deutschland keine derartige Datenbank.“
Und hier im Club sind viele entsetzt angesichts der Verschlechterung in der Wahrung der Privatsphäre von Surfern und Bürgern, die in den letzten Jahren begann. Im vergangenen jährlichen Congress des Clubs fand eine session unter dem Titel „Wir haben den Krieg verloren“ statt. „Dieser ganze Bereich der Überwachung ist in die Richtung eines totalitären Systems abgerutscht. Wir hatten keinen Erfolg die Öffentlichkeit vor den gegebenen Gefahren der Technologien zur Massenüberwachung zu warnen“, sagt Christiansen. „Seit dem 11. September beobachten wir eine Verschlechterung der Angelegenheiten im Bereich von Überwachungstechnologien, Beschuldigungen und Verboten. Die Verschlechterung kam schnell, im Laufe von 2 Jahren–wir hätten nicht gedacht, daß das so schnell geschehen würde. Sicherheitsargumente gehen heutezutage über alles.
Insgesamt ein guter, ausgewogener Artikel.
schon jemanden gefunden? meine mitbewohnerin könnte vielleicht zusammenfassen? just sayy something!
cheers aus düsseldorf
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cheers aus düsseldorf
Wenn das mit NASA und KGB von der Presse immer so klassisch mißverstanden wird, könnte das auch daran liegen, daß es teilweise so kommuniziert wird? „Damals in den wilden Jahren gab’s Ärger mit der NASA…“ und so?
Mr. Classless: Nun. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir schon mal irgendwo behauptet hätten, dass irgendjemand beim KGB eingestiegen wäre Der NASA-Hack war da natürlich was anderes. Dort wurden schon elektronische Barrieren umgangen. Wir wissen allerdings auch, dass man sich über die Sicherheits-Situation von damals heute nur noch den Bauch vor Lachen halten würde. Das lag damals unter dem Level, den Online-Blumenläden heutzutage haben. Aber „NASA“ klingt ja immer super :)
Ach, ich wollte ja nicht unterstellen, ihr würdet euch öffentlich damit brüsten. Es ging mir eher um den Gesamteindruck, den man aus flüchtigen Gesprächen von der Clubgeschichte gewinnen kann und in den dann solche Behauptungen besser passen als die eben auch nur hier und da dokumentierte Wirklichkeit.