Das Hamburger KäseAbendblatt berichtet begeistert: Weltpremiere! Hamburg wählt in Zukunft digital und berichtet vom stolzen Innensenator Udo Nagel, der jetzt durchgesetzt hat, dass in Hamburg künftig der Digitale Wahlstift zum Einsatz kommen soll. Noch etwas mehr Hintergründe gibt es hier: hamburg.de: Bürgerschaft und Bezirksversammlungen werden 2008 digital gewählt.
Na dann schauen wir doch mal etwas genauer hin: vor zwei Jahren erst war durch eine Volksabstimmung eine Änderung des Hamburger Wahlrechts herbeigeführt worden, die durch die jüngsten Beschlüsse quasi rückgängig gemacht werden. Ein Artikel auf wahlrecht.de führt die Hintergründe detailliert auf: Hamburg schafft großen Wählereinfluss auf Personenwahl wieder ab.
Die Folge ist ein kompliziertes Wahlsystem, das für die Bürger allerdings kaum noch nachvollziehbar ist und vor allem für Wahlleiter kaum noch zählbar wäre – wenn man denn die traditionelle Wahl mit Papierstimmzettel durchführt. Die Einführung digitaler Zählsystem wie dem „Wahlstift“ erlauben aber ein „Streamlining“ des Wahlprozesses. Hier liegt ein weiteres großes Gefahrenpotential automatisierter Wahlen: sie erlauben die Komplizierung des Auszählprozesses bis der Wähler überhaupt nicht mehr begreift, welche Auswirkungen seine Stimme überhaupt noch hat. Am Ende wird das Wahlergebnis mathematisch optimiert und vom Wählerwillen bleibt nicht viel übrig. Schöne neue Welt.
Dass die „Optimierung des Wahlprozesses“ kein Hirngespinst ist kann man diese Tage in den USA mitverfolgen: hier werden von Wahl zu Wahl die Wahlbezirke neu zugeschnitten, um die Pfründe zu sichern und die Bezirke zwischen rot und blau fest zuzuteilen. Ein Einfluss von Wählerwanderung wird damit weitgehend ausgeschlossen.
Jetzt warte ich ja nur noch auf den ersten Politspinner, der auch den Entzug des Wahlrechts für Verbrecher, Kinderschänder und Freiheitsaktivisten fordert bis nur noch hirngewaschene, uninformierte RTL-Zuschauer mit ihrer Fernbedienung im Teleshop ihre Zustimmung zum Parteiprogramm geben dürfen. Der Wähler wird langsam zur Wahlmaschine.
Ach ja. Und so richtig angeschaut haben wir uns diesen Wahlstift auch noch nicht. Aber ich bin mir sicher, dass die PTB schon geprüft hat, dass bei häufiger Benutzung der Lack nicht abgerieben wird.
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