Es steht zu befürchten, dass die Meldung von Heise zur Einführung von Open Source bei Wahlcomputern in Brasilien im Linux-Lager zu Jubelchören führen wird. Das ist allerdings sehr unangemessen. Ich sage auch, warum.
Der Grund ist schlicht der, dass ein Computer, dessen Software auf freier Software basiert genau keinen Fortschritt in bezug auf seine Transparenz bietet. Denn entscheidend ist nicht die Software, von der bekannt gegeben wird, dass sie auf dem Rechner läuft sondern die, die letztlich auf den Systemen tatsächlich zum Einsatz kommt.
Sicherlich ist das angekündigte Vorgehen, das auch mit digitalen Signaturen hantiert, gut gemeint. Aber man braucht sich nur die Hackereien mit dem iPhone anzuschauen um zu sehen, was heraus kommt, wenn es nur genug Interesse in einem Lager gibt, ein manipuliertes System zu haben. Es wird kein technische Möglichkeit geben, die Integrität der Systeme über alle Zweifel erhaben zu machen. Und ein manipuliertes System wird auch Wege finden, sich vor Überprüfungen zu verstecken.
Im übrigen verhindert auch das Weglassen des Internets einen Einbruch „von außen“ nicht zwingend. Abgesehen davon ist allerdings auch der Einbruch „von außen“ nicht das eigentliche Problem, sondern der Einbruch „von innen“.
Ich bleibe dabei: die Computerisierung von Wahlen ist die schlechteste Idee seit Erfindung der Demokratie und eine Garantie dafür, dass man sich in Kürze auf die Ergebnisse der Machtdelegation überhaupt nicht mehr verlassen kann. Das damit verlorere Vertrauen hat jedes Potenzial, den Vertrauenskonsens einer Gemeinschaft aufzukündigen.
Full ACK!
Pingback: Quasipresseschau vom 10.4.2008 | NIGHTLINE
Gerade IT-Leute sind die schärfsten Kritiker von Computerwahlmaschinen. Das gilt mit Sicherheit auch für glühende Verfechter freier Betriebssysteme.
„Das damit verlorere Vertrauen hat jedes Potenzial, den Vertrauenskonsens einer Gemeinschaft aufzukündigen.“
…hätte man nicht besser formulieren können
echt genialer Satz!
…aber wo gibt es heutzutage noch Vertrauen?
in der Politik bestimmt nicht
OpenSource würde bei einer OpenSource-Elektronenbrille helfen mit der wir den Elektronen dabei zusehen können wie sie über die Leitungen gehen.
Dann wäre auch Wahlbeobachtung bei Wahlcomputern möglich ;)
Aber mal im Ernst – da hat man das Grundproblem mit coputerisierten Wahlen nicht verstanden..
Christof hat auf der Re:publica den Sachverhalt sehr gut getroffen:
„Wir kennen Technik zu gut um ihr zu vertrauen“
Gibt es eigentlich schon irgendeine ernst zu nehmende Studie die überhaupt nachweist, dass Wahlcomputer eine Optimierung des Wahlprozesses bringen (also all das beweisen womit die Dinger beworben werden) ?
Schöner Vergleich:
http://media3.washingtonpost.com/wp-dyn/content/graphic/2006/03/16/GR2006031600213.gif
@Ham&Egg
Kann bei uns nicht passieren. Hier prüfen die Spielgerätprüfer.
http://ib.ptb.de/8/85/I_8_5.htm
In irgendeinem Podcast/Vortrag sagte Constanze mal, dass „sie“ nicht richtig zuhören oder es nicht zuende denken, was die Kritiker den Wahlcomputern vorwerfen.
Das ist genau wieder so ein Fall. In diesem Sinne „told-you-so“ und FULL ACK.
Dem kann man sich nur anschliesen!
Grandios! Sehr gut geschrieben. Treffender hätte man es nicht machen können.