Die Wahlcomputer-Lobby schlägt zurück

Der Vorschlag der NIST, Direktwahlcomputer in den USA komplett abzuschaffen und durch eine Papierlösung zu ersetzen, weil das gesamte System die Demokratie gefährde, wurde nun vom „Technical Guidelines Development Committee“ des US-Congresses schlichtweg abgelehnt. Und das, obwohl das Votum der NIST sehr deutlich ausfiel: Ron Rivest, weltbekannter Kryyptograph Miterfinder des RSA-Kryptosystems, und Mitglied NIST-Gruppe fasste die Grundbeurteilung der NIST einfach zusammen:

Rivest told committee members that software errors in paperless machines could go undetected, leading to a situation in which „an election result is wrong and you have no evidence to show that it’s wrong.“

Doch die Antwort des TGDC war schlicht: „You are talking about basically a reinstallation of the entire voting system hardware“. Und das ginge ja nicht. OMFG!

Aber ja, liebe TGDCm, genau darum geht es. Aber das scheint den Verantwortlichen schlicht zu teuer. In schlichten Worten zusammengefasst: kann ja sein, dass alles scheisse ist, aber jetzt haben wir den Blödsinn schon eingeführt, da können wir es doch unmöglich zurücknehmen. Au weia. Man ahnt, warum die USA sich auch im Irak so festgefahren haben. Das SNAFU-Prinzip lässt grüßen.

Update: Es gab wohl ne Menge Gegenwind und nun wurde der Vorschlag der NIST trotzdem angenommen, allerdings mit einem faulen Kompromiss, der den existierenden Geräten Bestandsschutz gibt. Hier ist das letzte Wort wohl noch nicht gesprochen. Immerhin, die Diskussion tobt.

Nun, daran kann man schön sehen, warum es gerade JETZT so wichtig ist, gegen die Wahlcomputer-Infrastruktur und ihre Verfechter in Deutschland vorzugehen. Sind die Maschinen erst mal überall installiert, wird auch die Einsicht, dass man einen Fehler gemacht hat, sich nicht mehr durchsetzen, weil niemand bereit ist, die politischen und finanziellen Konsequenzen des Scheiterns zu tragen. Und dann haben wir den Salat.

Insofern muss ich leider auch die Wolfgangs vom CC2-Podcast schwer enttäuschen, die sich gegen Ende der 20. Ausgabe ihres wöchentlichen Computerstammtischs wieder über den „aggressiven und verbohrten“ Widerstand gegen Wahlcomputer beschweren und jammern, dass doch so viele „ehrenhafte und honorige Leute“ an diesen Systemen arbeiten würden, die „nicht betrügen“ wollen, sondern nur Gutes im Sinn hätten. Ach wisst ihr: das glaube ich denen sogar, allerdings halte ich sie in den Zusammenhang allesamt für inkompetent und hochgradig naiv. Wären sie das nämlich nicht, würden sie einsehen, dass sie mit ihren Systemen das ideale Einfallstor für koordinierten und nicht nachweisbaren Wahlbetrug in unserem Lande installieren und das ist zumindest grob fahrlässig (wenn nicht gar grob böswillig).

Und Wolfgang und Wolfgang muss ich leider diese grobe Fahrlässigkeit jetzt auch unterstellen: ihr stellt Euch der Diskussion nicht, lasst die Kernargumente der Diskussion vollständig aussen vor (oder habt sie noch nicht verstanden) und tragt mit Eurem dummen Geschwätz („Es ist ’ne gute Sache und es wird sowieso kommen“) dazu bei, eine derzeit noch unkritische und unaufgeklärte Masse in ihrer Unkenntnis zu belassen. Und regt Euch jetzt bloss nicht auf: „grobe Fahrlässigkeit“ war jetzt schon eine wirklich sehr zurückhaltende Formulierung.

Nur einem Eurer Statements der letzten Episode kann ich mich voll und ganz anschliessen: „Lasst uns aufpassen, dass es sauber bleibt“. Da könnt ihr Gift drauf nehmen, dass wir das tun werden. Würde sich unsere Gesellschaft nur noch auf solche unreflektierten Sesselpupser wie Euch verlassen können, wären wir schon längst am Ende.

5 Gedanken zu „Die Wahlcomputer-Lobby schlägt zurück

  1. Anderes Thema, allerdings sieht man hier auch die Lobbyismusgefahr ganz deutlich.
    Das Rauchverbot.
    Erst wollte man dies ja in Schulen, Gaststätten usw … überall einführen.

    Nun hat man plötzlich juristische Bedenken:
    http://de.today.reuters.com/news/newsArticle.aspx?type=topNews&storyID=2006-12-08T060723Z_01_HUB822036_RTRDEOC_0_DEUTSCHLAND-RAUCHEN-MINISTERIUM.xml
    Die Länder sollten sich selber darum kümmern …
    Also für mich ist es ganz klar die Tabaklobby.
    Zum Glück haben die Wahlcomputerhersteller noch nicht soviel Geld um Politiker „einzustellen“ für einen „Nebenjob“.
    Ich finde es wirklich langsam an der Zeit das dieser große Lobbyismus in Deutschland aufhört.

    „Justiz- und Innenministerium hatten aber Zweifel an der Bundeszuständigkeit geäußert. Ihrer Ansicht nach gibt Artikel 74 dem Bund lediglich die Kompetenz zur Abwehr unmittelbarer Gesundheitsgefahren. Tabakqualm stelle aber nur eine mittelbare Gefahr dar.“
    Da fehlt noch der Halbsatz: „Nachdem ein paar Leute von Tabakfirmen mit Leuten vom Justiz- und Innenministerium einen Nebenjob angeboten hatten.“
    ;)

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