Meinungsänderung

Nachdenken hilft.


Okay. Manche möchten gerne von mir eine Begründung. Interessanterweise habe ich eine solche am Anfang auch nicht geliefert, deswegen fühle ich mir hier nicht gerade verpflichtet, eine nachzuliefern. Ich will trotzdem versuchen, kurz anzureissen, was mir durch den Kopf ging und warum ich mich für eine Änderung des Eintrags entschieden habe.

Der Anlass für mein ursprüngliches Posting war mehr Reaktion als überlegtes Handeln. Andererseits reflektierte er nur eine Seite der Medaille und diese Geschichte hat definitiv zwei. Überhaupt stelle ich fest, dass hier beide Seiten nachvollziehbare und vertretbare Positionen haben. Dazu stelle ich fest, dass ich auch auf beiden Seiten nicht nachvollziehbare und nicht so ohne weiteres vertretbare Positionen wahrnehme.

In diesem Fall muss abgewägt werden und wenn ich recht überlege bin ich mit meiner Abwägung noch nicht am Ende. Ich verstehe und respektiere die grundsätzliche Weigerung der Wikipedianer. Aber ich verstehe nach einigem Überlegen auch die grundsätzliche Forderung derjenigen, die für ein „Pro Privatsphäre“ argumentieren und genau dort beginnt das Dilemma in dem man insbesondere als CCC-Mitglied steckt.

„Öffentliche Daten nützen – Private Daten schützen“ ist eines unser Mantras, das regelmäßig runtergebetet wird, wenn man die Problematik auf dem Tisch hat. Zunächst sah ich den ersten Aspekt hier im Vordergrund und mir ist die Angst vor einem Dammbruch in Bezug auf Einstweilige Verfügungen und „Zensurklagen“ bei den Aktiven der Wikipedia – die ich gut kenne, schätze und mit denen ich auch regelmäßig in Verbindung stehe – durchaus bewusst. Dazu stehe ich auch und dies war ein Kerngrund meiner ursprünglichen Reaktion.

In der Folge durfte ich dann beobachten, wie einige „Kräfte“ in der Wikipedia – siehe die Diskussionsseiten zu „Tron (Hacker)“ – komplett freidrehten und es zu allerlei üblen Drohszenarien gegenüber den Eltern kam, für die ich wahrlich kein Verständnis aufbringen kann. Auch wenn ich weiß, dass die wirklich Engagierten in der Wikipedia-Community mit solchen Aktivitäten nichts zu tun haben, muss man aber auch sehen, dass eben genau die Beteiligungsmöglichkeit solcher Leute in diesem Fall auch eine besonnene Diskussion verhindert haben. Da diese Leute dank des offenen Modells der Wikipedia nunmal als Teil des Systems zu sehen sind haben wir hier ein echtes Problem, für das ich keine leichte Antwort bereit habe.

An diesem Punkt angekommen, musste ich meine eigene Positionsbestimmung überdenken und neu bewerten. In Anbetracht der Tatsache, dass sich einige von meinem Posting inspiriert gefühlt haben, meinem Verhalten zu folgen bzw. das Statement in gleicher Form zu kopieren und weil ich an dieser Stelle das gleiche Maß an Verantwortung übernehme, dass auch die Trolle in der Diskussionsseiten hätten übernehmen müssen, war eine Änderung meines Statements unabdinglich. Ich nehme daher jetzt ein neutrale Position ein. Ich bin damit nicht wirklich zufrieden, aber ich sehe derzeit keine andere Option.

Grundsätzlich halte ich das juristische Vorgehen gegen die Wikipedia in diesem Fall nach wie vor für einen grundsätzlichen Fehler, da der eigentlich Anlass für die Aktivität ein ganz anderer war: die absolut nicht vertretbare Verwendung des Realnamens in dem Hörspiel Offenbarung 23, das eine übertriebene Variante der eigentlichen Geschichte erzählt. Der Autor spricht von einer „dramatischen Aufarbeitung von Verschwörungstheorien“. Die Handlung sei „unabhängig vom tatsächlichen Wahrheitsgehalt“. Warum hier dann der Realname verwendet werden muss ist mehr als unklar und mindestens als unlauter zu bezeichnen, zumal es der Geschichte nichts hinzufügt.

Weil der Autor dieses Hörspiel auf die Wikipedia verweist, wurde die Lanze gegen das Wikiprojekt gerichtet, was ich persönlich für einen Holzweg halte. Dass die Wikipedia unzuverlässig genug ist, um in diesem Fall als Rechtfertigung zu dienen hat allerdings der gesamte bisherige Vorgang deutlich gezeigt.“ Schon richtig: zunächst wurde versucht, den Namen einfach selbst herauszunehmen, aber dies wurde dann als Angriff auf die freien Informationen gewertet – nicht ganz zu unrecht. Kaum war der Edit War gestartet fiel das Kind in den Brunnen.

Vielmehr hätte man seine Kraft darauf ausrichten sollen, Wikipedia als Legitimation als Verstöße gegen das Recht auf Privatsphäre nicht anzuerkennen, eben genau weil hier jeder beitragen darf. Vielleicht wurde das ja auch probiert, aber dann kann der Versuch bereits als gescheitert gelten. Gegen das Projekt zu schiessen hat nun Leichen auf breiter Flur hinterlassen:

  • Die Sache wurde nach all den Jahren wieder in eine Weltöffentlichkeit gezogen
  • Die Eltern dürfen nun unter der Situation noch mehr leiden als schon vorher
  • Die Wikipedia wurde durch die Grundsätzlichkeit der Vorwürfe in die Ecke getrieben und muss jetzt Widerstand leisten
  • Gruppen, die eigentlich zusammenarbeiten müssten wurden polarisiert und gegeneinander aufgehetzt.
  • Der eigentliche „Schuft“ steht fein da und freut sich über die Publicity für sein Werk.

Das ganze kann man nur noch als „Fucked Up Beyond All Recognition“ bezeichnen. Nun müssen wir uns wohl auf eine gerichtliche Klärung einlassen und egal wie das ganze ausgeht wird der Schaden groß sein. So oder so. Seufz.

Im übrigen empfehle ich noch die Anmerkungen von Pavel dazu. Ich danke denen, die mit mir in den letzten Tagen per Mail auf besonnene Art und Weise kommuniziert haben.

Hippies

Bin ich ein Hippie? Gute Frage. Habe ich ehrlich gesagt keine rechte Antwort drauf. Ihr vielleicht? Der Spreeblick-Podcast Nr. 68 wendet sich den 68ern (und den Punks) zu. Malen nach Zahlen. Vor der Ausgabe 69 habe ich da schon ein wenig Angst ;)

Ach ja: schön, dass jetzt Tanja auch mit dabei ist. Hallo Tanja!

Ach ja: und falls ihr Euch fragt, warum es noch keinen neuen Chaosradio Express gab: ich lege gerade eine schöpferische Pause ein. Es geht aber bald weiter.

Vorträge bei newthinking

War noch nicht mal richtig wach auf dem Webmontag, da wurde ich gleich zu einem kleinen Referat genötigt. Hab ein wenig über Pentabarf berichtet.

Übernächsten Donnerstag (26. Januar) bin ich dann wieder bei newthinking und mache um 19.30 Uhr einen Vortrag über Podcasting. Ich werde einen Überblick über die Technologie geben, die aktuelle internationale und deutsche Podcasting-Szene geben und mich auch zu Produktionsmethoden äußern. Ich hoffe auf rege Beteiligung und auch über Kommentare vorab.